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stillborn

3-7017-1440-1
March 2008
February 2006
QuoteIch fahre zu einer Wohnung, am Graben, gute Adresse, 200 m², hier ist das Gästezimmer, gleich dort, alles schön möbliert, habe ich selbst ausgesucht, wie schön es doch glänzt. Hell, gleißend, groß, die Aussicht, wunderbar, die Terasse von unten nicht einsehbar, unten, der Keller, eine Garage, alles frisch geweißt.

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QuoteEine Wohnung, Stumpergasse, 60 m², Altbau, Flügeltüren, dass es hier in der Gegend überhaupt so etwas gibt. Dem ersten Interessenten ist sie zu teuer, dem zweiten passt der Lichteinfall nicht, ich glaube, mir wird schlecht, gleich, nein, den Parkettboden dürfen Sie nicht abschleifen, ich kann mir schon vorstellen, was Sie arbeiten, ich sehe ja Ihre Hände.

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QuoteIch fahre in die Stadt, das sagen nur Leute, die in der Stadt wohnen, noch tiefer in die Stadt, ins Zentrum, zum Stephansplatz. Ich finde keinen Parkplatz, bin aber spät dran, sehr spät, der nächste Termin, ich stelle das Auto auf den Gehsteig, ist doch wirklich egal, Geld habe ich ja. Ich laufe los, suche die Straße, wo ist der verdammte Plan, jede Ecke sieht für mich gleich aus, das ist so. Kurz zuvor: ich sitze im Auto, schaue in die Gegend, tippe auf den Stadtplan, überlege mir genau, wo ich hin muss, was ich da soll, wie lang es dauern wird, wo ich parke, wer ich bin. Dann fahre ich los, vergesse alles, habe nie existiert, komme an, viel zu spät, es ist mir egal, nerven, das tut es trotzdem.

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QuoteWeiter, mein Chef will mich sprechen, allein, wir setzen uns, beide, in sein, ihr Büro, er raucht, das tut er selten. Die Polizei habe angerufen, ob wir versichert seien, wie hoch, ob wir, den Verdächtigen müssten sie freilassen, Verdachtsmomente, die hätten sich in Luft aufgelöst, im Nichts, das Wort, Luft, dabei wird mir etwas schwindlig. Er raucht, ich frage, wie hoch wir denn versichert sind, er meint, hoch genug. In folgender Nacht nocht, eine unsere Wohnungen brennt, im ersten Bezirk, teuerste Gegend, ich weiß, so toll war die gar nicht, die Wohnung. Ich weiß, was Sie gerade denken, Sie denken, aber ich kann mir das nicht vorstellen, überhaupt, Sie denken zu viel. Das ganze Büro fährt los: ich, mein Chef, Klara Quadrat, der Techniker, zwei unserer Partner (es gibt drei), auch eine Liste, so habe ich das noch gar nicht gesehen. Wir kommen an, Seilerstätte, die Polizei wartet schon, die Feuerwehr, erst kurz weg. Der Schaum quillt. Ich will die Wohnung unbedingt als erste betreten, dränge mich vor, nehme zwei, drei Stufen auf einmal. Ich fliege zur Tür (die es nicht gibt, nicht mehr), bleibe andächtig stehen, der Ruß liegt knöcheltief, fühlt sich warm an. 300qm, große Zimmer, wie Höhlen, unbehauenen Fels, ein Gefühl von Würde, Unberührtheit.

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QuoteDas Polizeipräsidium, am Ring, imposantes Gebäude, innen, außen, eine Wabe nach der anderen, ein Summen, Surren, durch Gänge, Hallen, es geht über Stock und Stein. Ich könnte die Augen schließen, etwas später, wenn es dämmert, vielleicht wenn der Strom ausfällt, blind durch das Gebäude laufen, wenn mir keiner mehr folgend kann (nur fliegen ist schöner).

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QuoteAm nächsten Morgen, Klara Quadrat, ruft an,weckt mich, es ist noch dunkel, die Nächte sind lang, wer bin ich denn, was, wieso? Sie sagt, ich müsse sofort kommen, zwei unserer Wohnungen hätten gebrannt, lichterloh, in der Johannesgasse, sagt, dort sei nichts mehr zu retten gewesen, das Feuer, man konnte es nicht bremsen, bändigen, es hätte sich nach oben gefressen, unten, durch die Decken, hatte Hunger, Hunger. In der Rotenturmstraße, dort sei man noch glimpflich davongekommen, alle, die Anwohner, wir, die Wohnung, aber man werde neu ausmalen müssen.

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QuoteNach der Besprechung, Termine, Kunden, Bahnstraße 17, der Name sagt alles. 50 m², billig, Kategorie B, der Kunde wollte es so, hat wohl seine eigenen Pläne, er kommt sogar pünktlich. Wir, er, ich, besichtigen, Sie sehen ja, friss oder stirb.

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