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Verlass die Stadt - pp 82

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Im Wiener Prater ist jeden Tag Jahrmarkt, ist Kirtag das ganze Jahr; hier wohnt das Vergnügen, hier hat es seinen festen Platz.
Das Riesenrad und die Hochschaubahnen, die zahllosen Attraktionen werden niemals abgebaut, alle Buden bleiben stehen. Auch wenn die Hauptsaison vorbei ist, wenn es kalt und windig ist, haben einige Fahrgeschäfte geöffnet, obwohl dann kaum ein Mensch in den Karussellen sitzt, weil man sich da fast zu Tode friert. Wer schon bei Schneeregen kopfüber auf Wien geschaut hat, wer sich Lángos gekauft hat, die in seiner Hand auf der Stelle erkaltet sind, wer vereinzelte Touristen beobachtet hat, wie sie über das verlassene Gelände irrten, der weiß, wie unglaublich trostlos das sein kann.

Peter, Laura und Max stehen im menschenleeren Wurstelprater, wo die Sonne auf den Asphalt brennt. Wo es auch heute nach heißem Öl und billigem Wein, nach Zuckerwatte und nach Metall riecht nach den heißen Schienen der Achterbahnen wahrscheinlich.
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Das Display war mit Asche und Holzstaub bedeckt. Es zeigte den Wiener Türkenschanzpark im Frühling letzten Jahres, die Zweige der Bäume waren mit winzigen weißen und rosa Blüten überzogen.
pp 51 from Satus Katze by Constantin Göttfert

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"Jetzt weicht Fräulein Kohut einem frech nach ihr tappenden Jugoslawen aus, der ihr eine defekte Kaffeemaschine und seine fernere Begleitung zumutet. Er muß nur noch zusammenpacken. Erika steigt, den Kopf gezielt abwendend, über etwas unsichtbares hinweg und zielt auf die Praterauen ab, in denen der einzelne sich rasch verliert. Sie allerdings strebt keinen Verlust ihrer Person an, sondern eher: Gewinn. Und - angenommen, sie verlöre sich - ihre Mutter, deren Besitzstand sie seit ihrer Geburt mehrt, würde sofort ihre Ansprüche anmelden gehen. Dann suchte das ganze Land nach ihr, mit Presse, Rundfunk und Fernsehen. Etwas zieht Erika saugend in diese Landschaft hinein, und nicht zum ersten Mal heute. Sie war schon öfter hier. Sie kennt sich aus. Die Menschenmeng dünnt aus. Sie zerfließt an ihren Rändern, die einzelnen Individuen streben auseinander gleich Ameisen, von denen jede eine bestimmte Aufgabe in ihrem Staat übernommen hat. Nach einer Stunde präsentiert das Tier dann stolz ein Stück Obst oder Aas.
Eben haben sich an den Haltestellen noch Menschentrauben, Gruppen und Inseln zusammengeballt, um irgendwo gemeinsam hinzustürzen, und nun, da es, von Erika gut berechnet, rasch dunkel wird, erlöschen auch die Lichter menschlicher Anwesenheit. Um die künstlichen Lichter der Lampen hingegen ballt es sich immer mehr zusammen. Hier, im Abseits, befinden sich übergangslos nur mehr jene, die beruflich hier sein müssen. Oder die ihrem Hobby, dem Vögeln oder eventuell dem Berauben und Töten der von ihnen gevögelten Person nachgehen. Manche schauen auch nur ruhig zu. Ein kleiner Rest entblößt sich gezielt bei der Station der Liliputbahn."
pp 138-139 from Die Klavierspielerin by Elfriede Jelinek