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Die freudlose Gasse - pp 15-16

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Laut, so daß es auch die abseits Stehenden hören konnten, fuhr er fort:
>>Ein sehr romantischer und interessanter Mord hat sich, wie mir der Nachtredakteur erzählte, ereignet. In der Melchiorgasse 55 wurde kurz nach zehn Uhr in einem Absteigequartier die Leiche einer bildschönen jungen Frau gefunden. Das schwarzseidene goldgestickte Abendkleid und der Chinchillapelz lassen auf beste Gesellschaft schließen. Mehr weiß man noch nicht.<<
Doktor Leid war aufgesprungen, wie im Traum wiederholte er die Worte >>schwarzseidenes goldgesticktes Kleid, Chinchillapelz ---<< Dann schrie er gellend auf:
>>Das ist Lia!<< und stürzte ohnmächtig zusammen.
  Die freudlose Gasse
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  Melchiorgasse

Near fragment in time

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Sie lächelte und war froh. Er küßte ihr die Hand, sie wandelten im Stadtpark hin und her, Arm in Arm, standen am Teich, sahen den Kindern zu, die die Schwäne futterten, Kasimir erzählte von einem Pariser Park und von einem Teich, darin er eines Abends herumgerudert war und im Kahn, im Schatten eines künstlichen Felsens, übernachtet hatte. »Wohl nicht allein?« meinte sie. Er legte die Hand beteuernd auf sein Herz. »Ich weiß nicht mehr. Vergangene Dinge.« – Therese wollte von Paris und Rom und all den fernen Städten nichts mehr hören. Wenn er sich dahin sehne, so solle er doch lieber gleich wieder davonreisen. Er drückte ihren Arm fest an den seinen und lud sie ein, auf der Terrasse des Kursalons mit ihm eine Jause zu nehmen. An einem kleinen Tischchen ließen sie sich nieder, und Therese bekam plötzlich eine lächerliche Angst, daß man sie hier mit Kasimir sehen und darüber »ihrer Herrschaft« berichten könnte.
pp 93 from Therese. Chronik eines Frauenlebens by Arthur - Schnitzler

Near fragment in space

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Die Lassallestraße führt zur Reichsbrücke, der wichtigsten Donaubrücke von Wien. Deshalb ist meine Wohnung sehr billig gewesen, wie jede, die an einer Verkehrsader liegt und von Verkehrslärm und Autoabgasen so beeinträchtigt wird, dass man nie ein Fenster öffnen kann. Plötzlich war die Lassallestraße zur himmlisch ruhigen Sackgasse geworden: Die Reichsbrücke war eingestürzt. Sehr rasch aber wurde die Ruhe von Baulärm abgelöst. Tag und Nacht wurde an der neuen Brücke gearbeitet. Ich schrieb damals eine Glosse für die Studentenzeitung über die Frage, warum die neue Brücke in den österreichischen Medien und in den Stellungnahmen der Stadtpolitiker immer »Reichsersatzbrücke« genannt wurde, und nicht »Ersatzreichsbrücke«, wenn schon nicht »Neue Reichsbrücke«. Jedenfalls dröhnte das Stampfen und Schlagen und Vibrieren von der Reichsersatzbrücke-Baustelle durch die alten schlechten Fenster meiner Wohnung und lieferte den Groove zu unserem Bettgespräch.
pp 151 from Don Juan de la Mancha by Robert Menasse