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Don Juan de la Mancha - pp 28

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Mein Vater ist völlig unwichtig. In dem Sinn, dass er sich in meinem Leben nie wichtig gemacht hat. Er war höchstens durch seine Abwesenheit wichtig. Mit achtzehn, zwölf Jahre nachdem Vater von zu Hause ausgezogen war, trennte ich mich von meiner Mutter, zog in eine eigene kleine Wohnung, die so billig war, dass mein Vater bereit war, die Miete zu bezahlen. Es war eine Souterrainwohnung in der Marxergasse im dritten Bezirk, von Familie und Freunden bald nur noch »Marxer Keller« genannt. Als Vater diese Wohnung sah - er begleitete mich zur Unterzeichnung des Mietvertrags -, sagte er: »Ja, die ist bestens.« Das hieß: Er stimmte zu, dass man wohl keine bessere Wohnung für den Betrag bekommen würde, den er bereit war zu zahlen.
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  Marxergasse

Near fragment in time

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Auf dem Kohlmarkt herrschte rege Betriebsamkeit. Eine Frau mit einem in helles Papier eingeschlagenen Paket lächelte Liebermann im Vorbeigehen an. Sie war so erfreut über ihren Kauf, dass sie ihre Gefühle nicht unterdrücken konnte. Zwei prächtig gekleidete Husaren standen in der Tür einer Modistin und unterhielten sich laut auf Ungarisch. Auf der anderen Seite der Straße marschierten drei Chassidim in langen, schwarzen Kaftanen und breitkrempigen Biberhüten. Das Michaelertor, das mit einer grünen Kuppel gekrönte Portal der Hofburg, dominierte den Ausblick. Es machte sich vor dem pastellfarbenen Himmel besonders gut. Liebermann hatte Treszka Anfang der Woche einen Brief geschrieben und ein Treffen im Café Demel vorgeschlagen (dem k. u. k. Hofzuckerbäcker). [...] Der junge Arzt hatte das Café Demel nicht nur gewählt, weil es einen so guten Ruf genoss, sondern auch, weil es praktisch war.
pp 304 from Wiener Tod by Frank Tallis

Near fragment in space

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Ich wollte schon immer nach Wien. Aber nicht, weil ich Geschichten aus dem Wiener Wald gelesen habe. Auch nicht, weil ich Die Strudlhofstiege gelesen habe (das habe ich nicht) und nicht wegen Falco, den ich seit meiner Kindheit verehre; sondern weil ich Malina gelesen habe. Wer das Buch kennt, weiß, dass Wien darin keine sehr große Rolle spielt.

Nach meiner Ankunft habe ich angefangen, die Stadt abzusuchen. Ich habe die Stadt aus dem Buch gesucht. Ich habe nicht viel gefunden. In der Ungargasse: Am Haus Nummer 5 eine Gedenktafel für Beethoven, der seine 9. Sinfonie hier beendet hat. Am Haus 27 eine für Jakob Degen, Schweizer Flugpionier und Erfinder. An 6 und 9 keine Tafeln. Für wen auch.
Ich fand das trotzdem nicht richtig. Ich wollte noch ein steirisches Bier beim alten Heller, Nummer 34, trinken, aber die Gaststube war mir zu finster. Ich kaufte eine Dosa Ottakringer an der U-Bahnstation Rochusgasse und nahm sie mit nach Hause. Alles war anders, als ich es mir vorgestellt hatte.
pp 16 from Verlass die Stadt by Christina Maria Landerl