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Herrn Kukas Empfehlungen - pp 72-74

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Ich kaufte mir bei der Oper in einer Trafik eine Ansichtskarte für meine Eltern und bog in die Kärtnerstraße ein. Da die Kärntnerstraße voll von Boutiquen ist, blieb ich hin und wieder an einer Auslage stehen. Als ich mir gerade Frauenunterwäsche ansah, tippte mir plötzlich jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um und sah vor mir einen etwa zwanzigjährigen Mozart stehen mit einem Katalog im Arm. (...)Ich war so knapp davor, mir einen Sitzplatz für die >>Aida<< zu kaufen, und machte dass ich weg kam. Erst als ich ein paar Geschäfte weiter war, drehte ich mich wieder um. Mein Mozart hatte sich erstaunlich schnell von seiner Enttäuschung wieder erholt. Er war aufgestanden und suchte energisch nach einem neuen Opernliebhaber.
Vor dem Stephansdom gab es eine Menge Touristen, die sehr an dem Bauwerk interessiert waren. Ich war der einzige, der sich nicht soviel daraus macht
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Über den Stoß am Himmel gelangt man in die Salvatorgasse und in dieser (nach links) mit wenigen Schritten zu einem Juwel der Gotik, zur Kirche Maria am Gestade. Sie entstand in einer städtebaulich interessanten Lage und war für die Donauschiffer ein damals weithin sichtbarer Orientierungspunkt. Wenn im Kirchennamen auf ein Gestade verwiesen wird (eine andere Version ist „Maria Stiegen“), dann muß man wissen, daß das Gelände sowohl zu dem am heutigen Salzgries fließenden südlichsten Donauarm wie auch zum Bachbett im Tiefen Graben unwegsam abfiel; selbst die römischen Lagermauer mußte auf das Gelände Rücksicht nehmen und verlief hier abgeschrägt auf der Höhe des Steilufers, das heute an mehreren Stellen durch Siegenanlagen überwunden wird. Anstelle einer 1158 erstmals genannten Kapelle, deren Ursprung wohl schon auf das 9. Jh. zurückgeht, wurde im 13. Jh. eine romanische Kirche erbaut, die ab dem 14. Jh. durch einen gotischen Neubau ersetzt wurde. Zunähst entstand 1330-69 der Chor, an den mit leichtem Knick (das Terrain ließ eine geradlinige Fortsetzung nicht zu!) das vom herzoglichen Baumeister Michael Knab konzipierte Langhaus angefügt wurde. Trotz seiner Qualität wäre das Bauwerk fast verlorengegangen: 1809 wurde die unter Joseph ii. 1786 entweihte Kirche von der französischen Besatzung als Pferdestall benützt, danach war sie vom Abbruch bedroht (für den die Stadt glücklicherweise das Geld nicht aufbringen konnte). Schließlich wurde sie 1817-24 im Inneren negotisiert und 1820 den Redemptoristen übergeben.
pp 166-168 from Wien: Kunst, Kultur und Geschichte der Donaumetropole by Felix Czeike

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Leo, der fast nie Gelegenheit fand, mit irgend jemandem außer mit Lotte und seiner Aufwartefrau zu sprechen, hatte in der letzten Zeit zwei Bekanntschaften gemacht, die ihm wichtig dünkten. Die eine bestand in der Person des Nationalrates Wenzel Krötzl, die andere war der Inhaber des großen Modehauses in der Kärntnerstraße, Herr Habietnik.
Mit Krötzl war Leo auf folgende Weise bekannt geworden: Als er einmal spät nachts aus dem Kaffeehaus, in dem er die Zeitungen und Zeitschriften zu lesen pflegte, nach Hause gekommen war, fand er auf dem letzten Treppenabsatz einen stockbesoffenen Mann liegen, der jämmerlich weinte und sich vergeblich bemühte, aufzustehen. Leo half ihm in die Wohnung, die unterhalb seines Ateliers gelegen war und erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß er den ehrsamen Nationalrat Wenzel Krötzl vor sich hatte, seines Zeichens im Nebenberuf Häuserschieber. Nicht nur, daß dies auf dem Türschild vermerkt stand, Herr Krötzl schrie auch, während er hin- und hertaumelte, immerzu:
»Wann aner sagt, daß i b'soffen bin, so is er a jüdischer Gauner! I bin a g'wählter Nationalrat, an Abgeordneter und hab' fufzich Häuser zum verkaufen, die was früher denen Saujuden g'hört ham!«
Leo hatte dann im Laufe der Zeit Gelegenheit, zu erfahren, daß Herr Krötzl nicht nur einer der wütendsten Antisemiten sei, sondern auch ein notorischer Trunkenbold, der sich gewöhnlich schon am Büfett des Parlaments seinen Frühstücksrausch kaufte. Nebenbei hatte er eine gewisse Beredsamkeit und genoß infolge seiner derben Ausdrucksweise viel Popularität unter seinen Wählern. Er war Witwer und beherbergte von Zeit zu Zeit eine angebliche Wirtschafterin bei sich, mitunter solche, die knapp das straffreie Alter von vierzehn Jahren besaßen.
pp 113-115 from Die Stadt ohne Juden by Hugo Bettauer