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Die Stadt ohne Juden - pp 101-102

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Im Januar vereinigten sich mehrere große Konsumentenorganisationen zu einer Massenversammlung in der Volkshalle des Rathauses unter der Devise: »Wir können nicht weiter!« Zehntausende von Menschen waren der Einladung gefolgt und trotz der außerordentlichen Kälte standen vor dem Rathaus ungeheure Menschenmassen, die in der Volkshalle nicht mehr Platz gefunden hatten.
Die Versammlung bot ein merkwürdiges Bild. Leo Strakosch, der sich ebenfalls eingefunden hatte, konstatierte, noch niemals so viele vollbärtige Männer gesehen und noch nie so viele Heilrufe gehört zu haben. Eine andere Staffage und man hätte an eine Tiroler Bauernversammlung zur Zeit des Andreas Hofer denken können. Auch Weiblichkeit war massenhaft vertreten, aber wahrhaftig nicht die lieblichste, die Wien aufzuweisen hat. Unter allgemeinem Heil-Gebrüll eröffnete der Apotheker Doktor Njedestjenski die Versammlung mit der Feststellung, daß es so nicht weitergehen könne. Er vermied es sorgfältig, die Notlage und Teuerung mit der Judenausweisung in Zusammenhang zu bringen, sondern gab sich höchst deutschnational und behauptete, nur die Tatsache, daß Oesterreich sich nicht an Deutschland anschließen könne, sei schuld an dem jammervollen Niedergang Wiens. Worauf ein Arbeiter unter schallender Heiterkeit dazwischen rief:
»Wir können uns ja gar nicht mehr anschließen, oder glauben Sie, daß die Deutschen auch solche Trotteln wie wir sind und ihre Juden hinausschmeißen werden?«
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  Rathaus

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Mit weitausgreifenden Schritten durchquerte Fels, der eben nach seinem Morgenritt vom Frühstück kam, den Türkenschanzpark, um sich nach Pötzleinsdorf zu begeben, wohin er sein Automobil beordert hatte.
pp 182 from Faustrecht by Hugo Bettauer

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In der Woche, nachdem die Bettauer durch diesen Polizeieinsatz gesprengt, Franz von seinem Vater verhaftet worden war, gingen Franz und ich noch einmal in das Gasthaus Hebenstreit. Wir wollten wissen, ob nach diesem Eklat doch noch Studenten zum Bettauer-Termin kommen. Außer Franz und mir erschien nur einer, ein Einziger. Ich weiß seinen Namen nicht mehr. Wir saßen da zu dritt, schauten uns an, und dann sagte Franz: Ich stelle gemäß der Geschäftsordnung den Antrag auf Selbstauflösung unserer revolutionären Zelle. Der Student, der mit uns dasaß, hob die Hand, sah mich an und sagte: Ich stimme dafür. Ich war sprachlos, und Franz sagte: Antrag mit Zweidrittelmehrheit angenommen!
pp 200 from Don Juan de la Mancha by Robert Menasse