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Die Vögel brüllen: Kommentare zum Alltag - pp 118

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Gerd fuhr jüngst mit der Linie U3 Richtung Ottakring. (So beginnen große Geschichten.) In der Station Schweglergasse fällt sein Blick auf einen brennenden Mistkübel. Gerd steigt aus, ergreift den Feuerlöscher und erstickt die Flammen. Eine Rußwolke zieht über den Bahnsteig und verlässt (mit den meisten Passanten) die Station. Gerd meldet den Vorfall der Stationsleitung. Kurze Zeit später erscheint ein entspannter Bediensteter der Wiener Linien mit einer Wasserflasche in der Hand, erfasst die Situation und murrt: "Na super, danke, jetzt kömma den Reinigungsdienst holen!" Der gebrandmarkte Löscher entgegnet: "Hören Sie, der Kübel war unbeaufsichtigt. Ich konnte ja nicht wissen, dass da schon wer unterwegs ist, um den Brand zu bekämpfen." Darauf der Bedienstete: "Es ist immer wer unterwegs." Sagt es, nimmt den Feuerlöscher und geht.
Diese Geschichte schreit nach einer Moral für uns Fahrgäste: Entdecken wir in einem U-Bahn-Schacht Feuer, so lassen wir es brennen! Es besteht kein Grund zur Sorge. Und sollte es aus fünfzehn Mistkübeln gleichzeitig qualmen, so heben wir unsere Daumen zur öffentlichen Wertschätzung. Die Wiener Linien haben alles im Griff. Bei denen ist immer wer unterwegs.
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(...) ich werde meine Geschichte kriegen und dann fange ich ein neues Leben an, dann überlege ich mir alles in Ruhe, wie ich das weitermachen werde, wie das weitergehen soll, jetzt einmal bleibe ich in der Gumpendorfer Straße, und es muss wegen der Richard-Wagner-Straße sein, dass ich mich in einem Altbau so wohl fühle, am Karmelitermarkt, das ist doch wirklich eine schöne Wohnung, mit dem Ausblick, und so hell, aber ich habe da nie irgendetwas gemacht, das war wie eine Bühne, und wenn jemand zugschaut hätte, dann hätte ich etwas getan, in der Gumpendorfer Straße, da ziehe ich mich nicht einmal ordentlich an, wenn ich zu Hause bleibe, ich werde da verkommen, aber ich habe da viel mehr Lust etwas zu tun, und wenn es nur dieses Scheiß-call-center ist, in der Gumpendorfer Straße komme ich mir jünger vor, oder ist das wegen dem Naschmarkt und weil ich jetzt jeden Tag ins Naschmarkt- Café gehen kann und irgendwohin gehöre, bin ich doch nur eine Provinzlerin, die Anschluss braucht, habe ich so ein Kleinstadtsyndrom (...)
pp 237 from Jessica, 30 by Marlene Streeruwitz

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Den Nachmittag hat der Lemming mit der Suche nach den ehemaligen Schülern des Iden-Clubs verbracht. Er ist zunächst auf das Postamt in der nahe gelegenen Porzellangasse gegangen, um dort Telefonbücher zu durchforsten. Nur drei der Namen hat er darin gefunden, aber einen dafür gleich mehrmals. Alleine in Wien wohnen fünf Männer, die Franz Sedlak heißen. Noch ein Glück, so hat der Lemming gedacht, dass ihm ein Meier oder ein Huber erspart geblieben ist. Außer den Sedlaks waren noch Peter Pribil und Walter Steinhauser angeführt, beide im Wiener Telefonverzeichnis. Der Lemming hat sich die Nummern und Adressen notiert und ist dann mit Tramway und U-Bahn zum Zentralmeldeamt im fünfzehnten Bezirk gepilgert. Für jeweils dreißig Schilling Bearbeitungsgebühr kann man hier Personen ausfindig machen, sofern sie ihren ordentlichen Wohnsitz in Wien haben uns sofern man sich eine Woche gedulden will, um auf positive Erledigung seines Antrags zu warten.
pp 83 from Der Fall des Lemming by Stefan Slupetzky