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Blasmusikpop - pp 38-39
Im Anschluss suchte er frisch gestriegelt das k. k. Hof-Naturalienkabinett auf. Nach zwei Weltkriegen und einer untergegangenen Monarchie war es zwar in Naturhistorisches Museum umbenannt worden, doch das Fehlen des Adelstitels tat der Bewunderund Johannes Gerlitzen keinen Abbruch. Kaum dass er den aufsgestopften Hund des Museumsgründers Franz Stephan von Lothringen an der majestätischen Eingangestreppe betrachtet hatte, war er froh, so früh aufgestanden zu sein. Er blieb, bis ihn der Saalwächter nach Hause schickte, und hatte dennoch das Gefühl, nicht lange genug dort gewesen zu sein. Endlich sah Johannes Gerlitzen all die anderen Würmer, die nicht in seinem Darm gewesen waren und von denen er nur gelesen hatte: Bandwürmer, Fadenwürmer, Saugwürmer der Lunge, Saugwürmer der Leber, Schweinelungen gespickt mit Finnen und unzählige mehr. Es gab sogar Mikroskope, an die sich der Beuscher unter den Argusaugen des Saalwächters setzen konnte, um die Körper von Würmern vergrößtert zu bestaunen. Wie fein die Glieder waren! Wie stark ausgeprägt die Fangzähne! Johannes lief es kalt den Rücken herunter bei dem Gedanken, dass sich solche Zähne einst in der Innenwand seines Dünndarms verkeilt hatten. Die meiste Zeit verbrachte er im Saal der wirbellosen Weichtiere, aber er spazierte auch durch die anderen Säle des Obergeschosses. Die Steine und Mineralien im Parterre sparte er aus - inmitten der Vielfalt der Welt hatte er das Gefühl, in St. Peter sein Leben lang genug Steine gesehen zu haben. Manchmal bekam er Atemnot und musste sich setzen. All die Eindrücke überwältigten ihn, und er war überfordert von der Frage, wie er den Rest der Welt bisher hatte ignorieren können. Wie war es möglich, auf diesem gewaltigen Erdball zu leben, und nichts anderes zu kennen als den Ort, in dem man geboren und aufgewachsen war? Johannes Gerlitzen setzte sich auf einen Schemel und atmete tief ein. Im Naturhistorischen Museum roch es intensiv nach Alaun, Aluminiumgerbstoff und Borsäure. Die Saalwächter mussten aus diesem Grund nach einem Arbeitstag zwanzig Minuten mit sehr viel Seife duschen, doch für Johannes Gerlitzen war dies der Duft der Freiheit.
Near fragment in time
Jonas staunte, wie viele berühmte Persönlichkeiten hier begraben lagen. Bei einigen Namen fragte er sich, wieso er sie in der Prominentenzeile las, denn er hatte nie von ihnen gehört. Bei anderen war er überrascht zu lesen, daß sie erst vor ein paar Jahren gestorben waren, er hatte sie seit Jahrzehnten tot gewähnt. Und bei anderen wiederum wunderte er sich, weil er von ihrem Tod nicht erfahren hatte.
So gut gefiel ihm die langsame Fahrt durch den Park, daß er zeitweise vergaß, weshalb er gekommen war. Er dachte an seine Kindheit zurück, in der er an der Seite seiner Großmutter öfters mit der Straßenbahn hergafahren war, um das Grab der Urgroßeltern zu pflegen. Und später hatte er seine Mutter zum Grab der Großmutter begleitet. Die Mutter hatte Lichter angezündet, Unkraut ausgerissen und Blumen eingesetzt, während er umherspaziert war und den Friedhofsduft eingesogen hatte, diesen typischen Duft nach Stein, Blumen, Erde und frisch gemähtem Gras.
pp 385- from Die Arbeit der Nacht by
So gut gefiel ihm die langsame Fahrt durch den Park, daß er zeitweise vergaß, weshalb er gekommen war. Er dachte an seine Kindheit zurück, in der er an der Seite seiner Großmutter öfters mit der Straßenbahn hergafahren war, um das Grab der Urgroßeltern zu pflegen. Und später hatte er seine Mutter zum Grab der Großmutter begleitet. Die Mutter hatte Lichter angezündet, Unkraut ausgerissen und Blumen eingesetzt, während er umherspaziert war und den Friedhofsduft eingesogen hatte, diesen typischen Duft nach Stein, Blumen, Erde und frisch gemähtem Gras.
Near fragment in space
In die Nähe des kleinen Türchens gekommen, das aus dem Augarten nach der Taborstraße führt, hörte ich plötzlich den bekannten Ton der alten Violine wieder. Ich verdoppelte meine Schritte, und siehe da! der Gegenstand meiner Neugier stand, aus Leibeskräften spielend, im Kreise einiger Knaben, die ungeduldig einen Walzer von ihm verlangten. Einen Walzer spiel! riefen sie; einen Walzer, hörst du nicht? Der Alte geigte fort, scheinbar ohne auf sie zu achten, bis ihn die kleine Zuhörerschaar schmähend und spottend verließ, sich um einen Leiermann sammelnd, der seine Drehogel in der Nähe aufgestellt hatte.
pp 47-48 from Der arme Spielmann by
