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Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien - pp 91

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Sie trat ans Fenster und blickte auf die Rossauerlände hinunter. Die Summerstage, die Vergnügungsmeile am Donaukanal, lag verwaist in nachmittäglichen Hitze, nicht mal die beliebten Trampolins waren besetzt. Es war noch zu früh – ab sieben kamen die Beachvolleyballer, und dann würden sich auch die Lokale, die sich hier aneinanderreihten, füllen. Anna verspürte eine seltsame Nervosität, gepaart mit großer Müdigkeit. Noch war Bachmüller an einem Herzinfarkt gestorben, noch gab es keinen offiziellen Arbeitsauftrag, noch konnte sie nach Hause fahren, sich ihr Buch schnappen und den Rest des Nachmittags auf dem Sofa verdösen. Anna checkte ihre privaten Mails, Urlaubsgrüße ihrer Freundin Andrea und eine Einladung zum Sommerspritzer-Trinken ihres alten Freundes und zeitweiligen Verhältnisses Harald, ansonsten nur Werbung und diverse Benachrichtigungen über Millionengewinne, diesmal vorwiegend aus dem asiatischen Raum. Sie fuhr den PC hinunter, steckte den Standard-Artikel über Bachmüller in die Tasche und machte sich auf den Weg nach Hause.
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Leo Zelman beschrieb das Verhalten der österreichischen Bevölkerung gegenüber ihm als Juden pragmatisch anhand zweier Sequenzen: einer Begegnung mit dem Onkel einer Bekannten, in deren Haus er zum Essen eingeladen war.
„ […] hab ich kennen gelernt eine richtige = [lacht] Lotte, hat sie geheißen. Mädchen, dass ich mich dran erinnere. Und ihre Mutter ist zu mal gekommen und hat gesagt, Ich hab von Ihnen gehört, kommen Sie doch mal zu Weihnachten. Nach Hause zu uns in die Herrengasse. Und ich hab schon damals gewohnt am Schotten=, nicht am Schottenring, sondern am Rudolfsplatz Und ich bin dort hingekommen, natürlich auch ein Care-Paket mitgenommen, und dort konnte= der hat nicht mehr gelebt, er ist gefallen, und der Onkel ist gekommen. Und der Onkel hat schon getrunken war eines= das hat mich damals so angeekelt, seit damals trink ich keinen Wein. Und dreht sich um „Von wo bist du?“, sag ich „Ich bin von Lodz“. Wahrscheinlich hat er geglaubt, dass ich ein Volksdeutscher bin, ich hab schon ein bisschen deutsch gesprochen. Sagt er [laut am Anfang], „Na, in Lodz haben‘s wir den Juden dort gezeigt!“[laut Ende] Ich bin so blass geworden, so erschocken worden, es war ein kalter Winder, von der Herrengasse bis am Rudolfsplatz gelaufen ohne Mantel, ist mir nachgelaufen, äh, die - Lotte ist mir nachgelaufen mit dem Mantel ich bin, äh, ohne Mantel weggerannt aber ganz 0 äh […?] ich war ganz nervenschwach, hab nicht schlafen können.
pp 122 from Rückkehr in die Außenwelt: Öffentliche Anerkennung und Selbstbilder von KZ-Überlebenden in Österreich by Melanie Dejnega

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Mary war beim Teetisch gesessen, den Blick draußen in der kaum beginnenden Dämmerung eines Nachsommer-Abends. Man sah hier eine Gasse entlang und dann über den Donau-Kanal (der kein Kanal ist, sondern ein erheblicher, breiter und tiefer, rasch fließender Teil des Stromes) hinüber ans andere Ufer.
pp 12 from Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre by Heimito von Doderer