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Chucks - pp 25-26

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Im Sommer warteten wir abends darauf, dass die Parks endlich schlossen. Wir wollten die Kinderspielplätze für uns alleine haben und nicht andauernd von Schwärmen besorgter Mütter vertrieben werden. Tamaras Exfreund war der Größte von uns allen, er stellte sich an die Mauer des Augartens und machte eine Räuberleiter. Wir stiegen hoch, von oben griffen wir hinab und zogen ihn rauf, gerade so weit, dass er die Finger auf die Kante der Mauer legen konnte. Dann waren wir alle drüben. Im letzten Licht sahen wir die Wiesen verlassen daliegen, niedergetretene Stellen, wo tagsüber Frisbees geworfen worden waren. Die Türme im Augarten im Sonnenuntergang. Wir liefen zum Spielplatz, setzten uns auf das Karussell und rauchten. Im Dunkeln fuhren die leuchtenden Spitzen unserer Zigaretten im Kreis, bis uns übel wurde.
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Leo Zelman beschrieb das Verhalten der österreichischen Bevölkerung gegenüber ihm als Juden pragmatisch anhand zweier Sequenzen: einer Begegnung mit dem Onkel einer Bekannten, in deren Haus er zum Essen eingeladen war.
„ […] hab ich kennen gelernt eine richtige = [lacht] Lotte, hat sie geheißen. Mädchen, dass ich mich dran erinnere. Und ihre Mutter ist zu mal gekommen und hat gesagt, Ich hab von Ihnen gehört, kommen Sie doch mal zu Weihnachten. Nach Hause zu uns in die Herrengasse. Und ich hab schon damals gewohnt am Schotten=, nicht am Schottenring, sondern am Rudolfsplatz Und ich bin dort hingekommen, natürlich auch ein Care-Paket mitgenommen, und dort konnte= der hat nicht mehr gelebt, er ist gefallen, und der Onkel ist gekommen. Und der Onkel hat schon getrunken war eines= das hat mich damals so angeekelt, seit damals trink ich keinen Wein. Und dreht sich um „Von wo bist du?“, sag ich „Ich bin von Lodz“. Wahrscheinlich hat er geglaubt, dass ich ein Volksdeutscher bin, ich hab schon ein bisschen deutsch gesprochen. Sagt er [laut am Anfang], „Na, in Lodz haben‘s wir den Juden dort gezeigt!“[laut Ende] Ich bin so blass geworden, so erschocken worden, es war ein kalter Winder, von der Herrengasse bis am Rudolfsplatz gelaufen ohne Mantel, ist mir nachgelaufen, äh, die - Lotte ist mir nachgelaufen mit dem Mantel ich bin, äh, ohne Mantel weggerannt aber ganz 0 äh […?] ich war ganz nervenschwach, hab nicht schlafen können.
pp 122 from Rückkehr in die Außenwelt: Öffentliche Anerkennung und Selbstbilder von KZ-Überlebenden in Österreich by Melanie Dejnega

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Vielleicht liegt man aber später im Gras. Weil man noch keine Lust gehabt hat, sich in ein Bett zu legen, an so einem Tag. Weil man entschieden hat, in die andere Richtung zu gehen, in Richtung der leuchtenden Flaktürme, und das ist keine Halluzination aufgrund von Schlafentzug oder Drogen; das ist die Morgensonne über dem Augarten.
Also liegt man zusammen im Gras, im Schatten des Turms, sieht an ihm hoch und sieht die Vögel fliegen. Man trinkt aus einer Dose und hält das Leben für schön, weil die Bäume grün sind und der Himmel blau ist.

Wenn man aufwacht, hat man einen Kater und einen schmerzenden Sonnenbrand im Gesicht und auf den nackten Schultern. Der andere liegt noch im Schatten und ist unfreundlich, wenn man ihn aufweckt.
pp 56 from Verlass die Stadt by Christina Maria Landerl