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Rückkehr nach Wien - pp 58

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Mein Großvater war Kaufmann, der Inhaber einer Firma, die ihren Sitz im traditionellen Geschäftsviertel nahe dem Franz-Joseph-Kai besaß. In diesem Stadtteil sind die ärgsten Verwüstungen geschehen. Die wütendsten Kämpfe während der Belagerung fanden zu beiden Seiten des Donaukanals statt, als die zurückweichenden SS-Bataillone, ironischerweise im früheren Ghetto verschanzte, die Stadt von ihrem Ufer aus beschossen hatten. Der Kai, dieses Merkmal der merkantilen Jahrhundertwende, wurde fast zur ‚Gänze von deutschen Geschützen zerstört. Alle Brücken außer einer sind geborsten, ihre Reste ruhen im Wasser, das überdies von versunkenen Schleppkähnen blockiert zu sein scheint. Während ich mit einem anderen Korrespondenten an dieser Kette von Ruinen vorüberfahre, verleiht ein plötzlicher Schneesturm ihrem Anblick eine barbarische Trauer.
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Und in ihrem Zimmer – mit großen behäbigen, rosengeblümten Möbeln – herrschte zwar keineswegs die Aura der Ergoletti, wohl aber fast die gleiche wie in jener Wohnung am Modena-Park, ein kühler, reiner, papierener Hausgeruch, wie nach alten Büchern.
pp 171-172 from Die Wasserfälle von Slunj by Heimito von Doderer

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Und sie haben dich nichts gefragt?
Nichts, gar nichts. Wahrscheinlich war ich ihnen zu klein. Wenn ich dreizehn, vierzehn Jahre gewesen wäre, hätte sich mich wahrscheinlich schon etwas gefragt.
Die Gestapo-Männder waren Wiener. Auch viele Deutsche waren da, aber das waren Wiener. Wie halt eine Hausdurchsuchung vor sich geht, haben sie alle Sachen herausgeschmissen, aber sie waren nicht auffallend brutal. Sie haben ihn einfach genommen und sind gegangen
Sie haben also auch nicht zugeschlagen?
Nein. Das ist dann erst am Morzinplatz gekommen. Nach der Verhaftung haben wir ja nicht gewusst wo er ist. Kein Lebenszeichen, nichts. Meine Mutter ist immer wieder auf die Gestapo am Morzinplatz gegangen: keine Auskunft. Als sie wieder einmal bei der Gestapo war, wurde ein Häftling aus einem Verhörzimmer geschleift – ohnmächtig und blutverströmt. Ob es ein Bekannter war, hat sie nicht gewusst, so entstellt war er.
pp 42-43 from Der Kopf meines Vaters: Wien von der NS-Zeit bis zur Gegenwart - Eine Zeitzeugin erzählt by Luis Stabbauer