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Chucks - pp 60-61

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Mae und Mara, das waren wir, nicht mehr ganz unbeschadet, der einen fehlte die erste, der anderen die letzte Silbe. Dafür hatten wir einander. Bei gutem Wetter auf einer Bank in der Mariahilfer Straße, so wir den hübschen Mädchen dabei zusahen, wie sie Plastiktüte für Plastiktüte aus den Läden schleppten. Bei schlechtem Wetter in der U-Bahn-Passage am Karlsplatz - seit Neuestem, denn am Westbahnhof, da spielten sie jetzt Free Jazz, die ganze Zeit, und das hält kein Mensch aus. Tamara mochte das, wenn ich das so sagte: "Mae und Mara." Tamara mochte mich.
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Leo Zelman beschrieb das Verhalten der österreichischen Bevölkerung gegenüber ihm als Juden pragmatisch anhand zweier Sequenzen: einer Begegnung mit dem Onkel einer Bekannten, in deren Haus er zum Essen eingeladen war.
„ […] hab ich kennen gelernt eine richtige = [lacht] Lotte, hat sie geheißen. Mädchen, dass ich mich dran erinnere. Und ihre Mutter ist zu mal gekommen und hat gesagt, Ich hab von Ihnen gehört, kommen Sie doch mal zu Weihnachten. Nach Hause zu uns in die Herrengasse. Und ich hab schon damals gewohnt am Schotten=, nicht am Schottenring, sondern am Rudolfsplatz Und ich bin dort hingekommen, natürlich auch ein Care-Paket mitgenommen, und dort konnte= der hat nicht mehr gelebt, er ist gefallen, und der Onkel ist gekommen. Und der Onkel hat schon getrunken war eines= das hat mich damals so angeekelt, seit damals trink ich keinen Wein. Und dreht sich um „Von wo bist du?“, sag ich „Ich bin von Lodz“. Wahrscheinlich hat er geglaubt, dass ich ein Volksdeutscher bin, ich hab schon ein bisschen deutsch gesprochen. Sagt er [laut am Anfang], „Na, in Lodz haben‘s wir den Juden dort gezeigt!“[laut Ende] Ich bin so blass geworden, so erschocken worden, es war ein kalter Winder, von der Herrengasse bis am Rudolfsplatz gelaufen ohne Mantel, ist mir nachgelaufen, äh, die - Lotte ist mir nachgelaufen mit dem Mantel ich bin, äh, ohne Mantel weggerannt aber ganz 0 äh […?] ich war ganz nervenschwach, hab nicht schlafen können.
pp 122 from Rückkehr in die Außenwelt: Öffentliche Anerkennung und Selbstbilder von KZ-Überlebenden in Österreich by Melanie Dejnega

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Na ja halt so. - Übrigens gibt’s in dem Viertel da wirklich ein paar ganz exquisite Architekturspezialitäten. Wenn du dann heimgehst, schau dir drüben in der Mondscheingasse das Haus Nr. 3 an. Sowas Irres hast bestimmt schon lange nicht gesehn. Unten wächst das Haus aus einem riesigen Stukkaturbaum heraus, die Yggdrasil vermutlich, oben droben sind dann ungeheure Löwenköpfe – kein Vergnügen für Leute, die in derselben Höhe vis-à-vis wohnen. Und dieses Haus zieht sich irgendwie, aber man weiß nicht genau, wie, hinüber bis in die Kirchengasse. Dort brüllen die Löwen dann in die Gegenrichtung. Oder weiter unten, an der Ecke Stiftgasse und Siebensterngasse, das Eckhaus – dort hocken am Dachfirst die risiegsten Greife, die du je erblickt hast. Warum schaust mich denn so an?
pp 165 from Die große Hitze, oder die Errettung Österreichs durch den Legationsrat Dr. Tuzzi by Jörg Mauthe