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Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés - pp 69-70

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Mit fünfzehn Jahren war ich kein Revolutionär und auch mein Freund Poldi war es nicht, als wir am 12. November 1918 in der Strauchgasse, knapp vor dem Eingang des Café Central, gemeinsam in die johlende Menge drängten, die abwechselnd "Nie wieder Krieg!", "Nieder mit Habsburg!" und "Hoch die Republik" schrie.[...] Es war eine müde Revolution. Eine Revolution, die sich im Vergleich mit großen historischen Aufständen und Umwälzungen, wie wir sie aus dem Geschichtsunterricht kannten, eher in Passivität vollzog, in retardierenden Phasen, denn erst Stunden später langten organisierte Gruppen von Arbeitern im Regierungsviertel ein, die sich dann durchwegs diszipliniert verhielten. Wir beschlossen, ins Café Central zu gehen, um dort vielleicht den Dichter Franz Werfel aus der Nähe zu sehen. Im Tumult vor dem Landhaus war uns ein dunkelgekleideter rundlicher Mann aufgefallen, der auf den Stufen vor dem Caféportal stand, begeistert seinen Hut schwenkte und einige zündende Parolen in die Menge schrie, während die langen Locken um seinen Mund wehten. Jemand neben uns sagte:"Das ist der Dichter Franz Werfel".
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  Café Central

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den Boden unter den Füßen zu verlieren, diese menschliche Angst hast du für immer verloren, auch wenn das allererste Mal mit mir ins Wasser gegangen zu sein, eine Feuer- und Wasserprobe gewesen sein wird eines heiligen Bundes – immer von neuem allerletzte Scheu davor überwindend, wird es ihr, wie gern ich ihr reine Freude an einem neuen Element erschlossen hätte, ja doch auch das Feuer bleiben, durch welches sie nur für mich geht (mag auch Tage später im Türkenschanzpark Mariannes Erheiterung über einen jungen Wolfshund, der sich im halb abgelassenen Ententeich tummelt, dich dazu bringen, daß du nun aus Eifersucht ein wenig ins Wasser gehst, von ihrem enthusiastischen Lob begleitet, dich durch den Schlamm kämpfst), und so hat es mir besonders das Bauchi-Bauchi angetan, welches sie mir nicht aus Liebesbedürftigkeit anträgt: wenn ihr, an einem Wasser neben mir liegend, plötzlich schwand, ich würde sie sogleich auffordern, doch mit mir ein bißchen …, läßt sie, türkische Odaliske im Bade, mit einem tiefen Blick sich in die innigste Bauchi-Bauchi-Haltung sinken, nickt mir zu, und in der Belustigung über das Raffinement, das ihr Unschuldsengelin ansonsten fehlt, ist das Vorhaben schon vergessen.
pp 88 from Hundegeschichte by Julian Schutting

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Wenn ich mich an schlechten Tagen gut fühlen wollte, vor allem wenn ich von Tamaras ziellosen Tiraden entnervt war, ging ich in der Dämmerung die Herrengasse entlang, mit halb geschlossenen Augen. Ich sog den Geruch der Fiaker ein, konzentrierte mich auf das Klappern der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster. Vorbei an der Konditorei Café Central, mit den Pralinen und den Torten in der Auslage. Vorbei an den Fenstern des Cafés selbst, hinter denen das Licht golden leuchtete.
Ich stellte mir vor, ich würde einen Wintermantel tragen, mit Stickereien und einem Pelzbesatz. Aus unechtem Pelz natürlich, der politischen Einstellung wegen. Meine Schuhe würden auf dem Pflaster klappern wie Pferdehufe, mein teures Parfüm würde mich wie eine feine Aura umgeben. Eine der Wohnungen im zweiten Stock wäre meine. 3,60 Meter hoher Altbau und an den Sonnentagen lichtdurchflutet. Ob ich glücklich wäre? In einer vorbeifahrenden Kutsche kreischten Kinder und winkten mir zu. Ein Stück vom Glück, dachte ich dann, nichts als ein Stück vom Glück. Die glänzenden Dinge des Lebens.
pp 150-151 from Chucks by Cornelia Travnicek