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Das Vaterspiel - pp 454-455

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Der Gedanke gefällt mir, sagte sie und reihte sich in die Auffahrt zu einer Autobahn ein. Sie konzentrierte sich auf den dichten Verkehr, ich blickte sie von der Seite an. Ihre kurze Höckernase, ihre runden Lippen, die mit Make-up zugekleisterten Poren ihrer Haut. Wenn auch die Frisur nun eine ganz andere war, ich fand das alte Gesicht wie-der. Ihre nicht nur füllige, sondern auch nach außen ge-schwungene Unterlippe, die von der Seite so wirkte, als wäre ihr Mund ein wenig geöffnet, wie oft hatte ich dieses Bild, dieses Gesicht vor mir gehabt. Und doch hatte ich nicht daran geglaubt, Mimi, meine erste wirkliche Liebe, je wiederzusehen. Sie war mir entglitten, ohne dass etwas Besonderes vorgefallen war. Brigitte, das war mir schnell klar geworden, hatte es nicht so gerne, wenn ich in die Mondscheingasse kam. Sie wollte Mimis Kontakt zu mir auf äußerliche Dinge beschränkt sehen. Sie hatte nichts da-gegen, wenn ich den Handwerker spielte oder den Com-puter auf Vordermann brachte, aber sie stellte merkwür-dige Fragen, wenn ich einmal grundlos vorbeigekommen war. Ob Mimi ihr von unserem Zusammensein erzählt hatte? Vielleicht hatte Brigitte es sogar mitgekriegt, hatte zugehört. Der Gedanke, dass Brigitte davon wissen könn-te, war mir unangenehm. Wenn ich in die Mondschein-gasse kam, war dieser Gedanke jedoch immer anwesend. Es war wie das sinnlos gewordene Schweigen über ein längst verratenes Geheimnis, das sich aber in diesem Schweigen noch eine letzte Lebenskraft, eine letzte Erin-nerung bewahren kann. Da Mimi nichts unternahm, um mit mir ein neues Geheimnis entstehen zu lassen, fühlte ich mich auf eine undramatische Weise in der Mondscheingasse auf die Straße gesetzt. Es gab nichts mehr zu repa-rieren, keine Leitungen zu stemmen, keine Lampen zu montieren, keine Zimmer auszumalen, keine Wasserhähne zu entkalken – und so blieb ich fern und wartete vergeb-lich auf einen Anruf, der erst vierzehn Jahre später kam, als ich nicht mehr wartete.
  Das Vaterspiel
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  Mondscheingasse

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Ab der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg war die Judengasse Ausläufer des so genannten Textilviertels, auch „Fetzenviertel genannt. Die Geschichte dieses Viertels ist gleichzeitig Teil der Wiener jüdischen Geschichte. Die Aufhebung des Zunftzwangs eröffnete den Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch den Weg in den Detailhandel, einer der bevorzugten Zweige war der Textilhandel, der hier im ersten Bezirk rund um die Marc-Aurel-Straße und den Salzgries sein Zentrum fand.
pp 66 from Jüdisches Wien - Stadtspaziergänge by Michaela Feuerstein, Gerhard Milchram

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Na ja halt so. - Übrigens gibt’s in dem Viertel da wirklich ein paar ganz exquisite Architekturspezialitäten. Wenn du dann heimgehst, schau dir drüben in der Mondscheingasse das Haus Nr. 3 an. Sowas Irres hast bestimmt schon lange nicht gesehn. Unten wächst das Haus aus einem riesigen Stukkaturbaum heraus, die Yggdrasil vermutlich, oben droben sind dann ungeheure Löwenköpfe – kein Vergnügen für Leute, die in derselben Höhe vis-à-vis wohnen. Und dieses Haus zieht sich irgendwie, aber man weiß nicht genau, wie, hinüber bis in die Kirchengasse. Dort brüllen die Löwen dann in die Gegenrichtung. Oder weiter unten, an der Ecke Stiftgasse und Siebensterngasse, das Eckhaus – dort hocken am Dachfirst die risiegsten Greife, die du je erblickt hast. Warum schaust mich denn so an?
pp 165 from Die große Hitze, oder die Errettung Österreichs durch den Legationsrat Dr. Tuzzi by Jörg Mauthe