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Gegen einsam - pp 61

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Ich stehe von dem Spiegel. Trage Make-up auf. Eine dünne Schicht. Eine Maske. Die Farbe des Lippenstifts passt zu meinem Haar. Manchmal, wenn ich es nicht aushalte, mein Körper mich an verschiedenen Stellen zu jucken beginnt, rufe ich in der Kanzlei an und behaupte, dass ich Kopfweh habe oder Grippe. Ich schminke mich ab. Schlüpfe aus meinem Arbeitsgewand. Ziehe je nach Jahreszeit eine Weste über oder einen Mantel, deren Kapuzen ich tief ins Gesicht schiebe, fahre zu einer Fakultät der Universität Wien, setze mich in einen Hörsaal mit Medizinstudenten oder einen, in dem eine Vorlesung über alte Geschichte stattfindet. Ich verstehe den Stoff, der aus dem Zusammenhang gerissen ist, nicht, lausche den Stimmen der Vortragenden, betrachte die Gesichter meiner Mitstudenten und bin glücklich.
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Mit einem schnellen Handgriff klappte Marc die Sonnenblende herunter. Die tief stehende Frühlingssonne knallte frontal durch die Windschutzscheibe und raubte ihm die Sicht. Das war aber nicht weiter schlimm, denn um diese Zeit war der Verkehr ohnehin zähflüssig. [...] Marc klappte die Sonnenblende wieder hoch. Er war eben am Schwarzenbergplatz vorbeigefahren und fuhr Richtung Oper. Marc blickte aus dem Seitenfenster. Hinter den Bäumen, die die Ringstraße säumten, reihten sich die berühmten Prachtbauten der Gründerzeit. Aber er nahm die Schönheit dr historischen Gebäude nicht bewusst wahr. [...] Vor der Wiener Staatsoper bog Marc nach links Richtung Naschmarkt ab, bog wieder links ab, überquerte die Wienzeile und fuhr bis zur Margaretenstraße. Nach etwa 500 Metern hatte er sein Ziel erreicht. Er parkte sein Auto direkt im Parkverbot, aber das war ihm ziemlich egal. Genau um 15.45 Uhr klingelte er an der Tür mit dem Namensschild "Univ.-Prof. Dr. Robert Kaiser".
pp 360-362 from Canard Saigon by Harald Friesenhahn

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Im Sommer 1936 wurde Moritz Schlick auf der Freitreppe der Wiener Universität von einem überspannten Studenten völkisch-mystischer Gesinnung erschossen – einem Individuum, das bereits um vieles typischer für Österreich war als der große und edle Mann, der durch ihn starb.
pp 105 from Rückkehr nach Wien by Hilde Spiel