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Gegen einsam - pp 97-98

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Vor dem Hauptportal des Zentralfriedhofs steige ich aus. Er öffnet seine Tore um sieben Uhr. Ich blicke auf mein Handgelenk. Noch fünfzehn Minuten. Ich lehne mich an einen steinernen Pfosten. Beobachte eine Nebelkrähe, die eine Walnuss aus einigen Metern Höhe auf die Straße fallen lässt. Die Schale der Nuss bricht auf. Eine Rabenkrähe lässt sich von der Friedhofsmauer gleiten. Greift den Kern mit ihren Krallen. Verschwindet mit dem Diebesgut. Mit der nächsten Walnuss fliegt die Nebelkrähe nicht so hoch. Sie muss sie fünfmal auf den Asphalt fallen lassen, bis ihre Schale zerspringt.
Der Zentralfriedhof ist der größte Friedhof Europas, vielleicht sogar der Welt. Es kommt darauf an, ob man ihn nach seiner Fläche oder nach den auf ihm begrabenen Toten beurteilt. Auf einer Tafel in der Nähe des Haupteinganges lese ich, dass er über zwei Komma fünf Millionen Quadratmeter misst. Drei Millionen Menschen hätten hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Das Gelände ist Lebensraum für viele Tiere. Auf dem Dach der Boromäus-Kirche brüten Turmfalken. Mit ein wenig Geduld und zur rechten Uhrzeit könne man Waldkäuze beobachten, die im Unterholz nach Mäusen und Feldhamstern jagen, die gerne von den Blumenkränzen naschen.
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Also wurde beschlossen, die Wohnung zu nehmen, und sie sagten dem Baumeister zu. Bei der Miete ließ der man mit sich reden, verbilligte sie sogar noch unverhofft, denn Floridsdorf, ein Arbeiterbezirk und jetzt von den Russen besetzt, war alles andere als eine gute Wohngegend, wie Döbling es gewesen war. Steff staunte, dass Anna sich überhaupt herabließ, nach Floridsdorf zu ziehen, meinte er doch von früher her ihren Hang zu Eleganz und Vornehmheit und ihre tiefe Abneigung gegen alles Proletarische zu kennen.
pp 277 from Im Schatten der Zeit by Erika Pluhar

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Jonas staunte, wie viele berühmte Persönlichkeiten hier begraben lagen. Bei einigen Namen fragte er sich, wieso er sie in der Prominentenzeile las, denn er hatte nie von ihnen gehört. Bei anderen war er überrascht zu lesen, daß sie erst vor ein paar Jahren gestorben waren, er hatte sie seit Jahrzehnten tot gewähnt. Und bei anderen wiederum wunderte er sich, weil er von ihrem Tod nicht erfahren hatte.
So gut gefiel ihm die langsame Fahrt durch den Park, daß er zeitweise vergaß, weshalb er gekommen war. Er dachte an seine Kindheit zurück, in der er an der Seite seiner Großmutter öfters mit der Straßenbahn hergafahren war, um das Grab der Urgroßeltern zu pflegen. Und später hatte er seine Mutter zum Grab der Großmutter begleitet. Die Mutter hatte Lichter angezündet, Unkraut ausgerissen und Blumen eingesetzt, während er umherspaziert war und den Friedhofsduft eingesogen hatte, diesen typischen Duft nach Stein, Blumen, Erde und frisch gemähtem Gras.
pp 385- from Die Arbeit der Nacht by Thomas Glavinic