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Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien - pp 118-119
Anna beantragte bei Hofrat Hromada Verstärkung aus einer anderen Abteilung, denn zwei ihrer Kollegen befanden sich im Urlaub. Und natürlich waren sie nicht an den Wörthersee gefahren, von wo man sie problemlos hätte zurückordern können. Der eine war auf Teneriffa, und der andere verbrachte seine Ferien mit Familie auf einem Schweizer Biobauernhof – ohne Handy-Empfang. Hromada versprach, die fähigsten Kollegen zu schicken, deutete aber bereits vorsichtig an, dass auch die anderen Abteilungen urlaubsmäßig stark dezimiert seien. ›Sollte ich das perfekte Verbrechen planen, dann sicher im Juli oder August‹, dachte Anna und suchte in ihrem Notizbuch die Telefonnummer von Uschi Mader. Die meldete sich nach dem zweiten Klingeln. »Ja?« Ein zaghaftes Hauchen, es klang eher wie von einem Kind. »Frau Mader?« »Ja? Wer spricht da?« »Entschuldigen Sie, ich bin’s: Anna Habel, Landeskriminalamt Wien.« »Ah, Frau Habel, gut, dass Sie anrufen.« Diese Reaktion verwirrte Anna, doch sie ignorierte den Satz erst mal. »Frau Mader, ich muss Ihnen noch ein paar Fragen stellen, sind Sie denn heute Nachmittag zu Hause? Ich könnte so circa in einer Stunde bei Ihnen sein.« »Ja, kommen Sie ruhig. Ich bin aber nicht in Salchenberg. Ich bin eh in Wien, bei meiner Schwester. Weyringergasse 25.« »Das ist gut. Ich komm gleich vorbei, wenn Ihnen das passt.« »Ja, ist recht. Bitte bei Hutter klingeln. Gibt es denn was Neues?« »Ja schon, aber das erzähl ich Ihnen dann persönlich.« Anna überlegte kurz, ob sie einen Kollegen zu Frau Mader mitnehmen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Kolonja hatte sie mit Arbeit eingedeckt, Frau Schellander war nur im Innendienst tätig, und sie hatte keine Lust, sich von einem uniformierten Kollegen mit Profilierungsneurose vollquasseln zu lassen. ›Na, die beiden Schwestern werden mich schon nicht in einen Hinterhalt locken.‹
Near fragment in time
Er sah die Bilder von sich als Maturant, in Anzug und Masche und Brille und vor dem Bauch gefalteten Händen, deren eine einen schwarzglänzenden Zylinder hielt, von sich als Studienanfänger in der verwirrend großen Stadt Wien, die Universität für Bodenkultur beim schönen Türkenschanzpark, wo es echte Wildenten gab, von den Bars und Kaffeehäusern, die ihm schneller als etwas sonst Zuhause wurden, von Lorenz, dem Unfall mit dem gestohlenen Auto, von Lorenz bildschöner Schwester, deren Name ihm seit einiger Zeit immer wieder halb entfiel, mit der er so lange eine Affaire gehabt hatte, ohne sie doch je zurückzulieben.
pp from Roter Flieder by
Near fragment in space
Am Südbahnhof holte ihr Freund sie ab, den sie schon kurz nach der Matura für ein selbstmörderisches halbes Jahr mit dem vierzigjährigen Arzt verlassen würde, erste Erfahrungen mit Kokain und Impotenz inklusive. die Jahre, die folgten, waren viel dunkler gewesen als das so verheißungsvoll glitzernde Ende der Schulzeit. Sie nahm sich vor, bei ihren eigenen Kindern großzügig zu sein, wenn sie in diesem unübersichtlichen Alter um die Zwanzig straucheln sollten.
Sie legte die Wange an den fast haarlosen Babykopf.
Sie war aus dem Zug gestiegen, den Rucksack, der unverändert muffig roch, geschultert, und da war ihr erster Freund gestanden, mit seinem ironischen Lächeln, er war so ein lieber Kerl. Er hatte einen unsäglichen hellgrauen Filzjanker getragen, das wusste sie noch genau. Filz wurde aber erst zwanzig Jahre später modern.
pp 59-60 from Lässliche Todsünden by
Sie legte die Wange an den fast haarlosen Babykopf.
Sie war aus dem Zug gestiegen, den Rucksack, der unverändert muffig roch, geschultert, und da war ihr erster Freund gestanden, mit seinem ironischen Lächeln, er war so ein lieber Kerl. Er hatte einen unsäglichen hellgrauen Filzjanker getragen, das wusste sie noch genau. Filz wurde aber erst zwanzig Jahre später modern.