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Chucks - pp 90

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Am Karlsplatz angekommen, wechsle ich die Bahn, gehe in Richtung U4. Dabei halte ich Ausschau nach Tamara, suche systematisch die Ecken und Plätze ab, sehe sie aber nicht, höre nur über dem Stimmengewirr den Gesang des Augustin-Verkäufers. Alles ist hin. Ich stelle mir vor, ich gehe an ihr vorüber, und da sitzt sie, den Kopf in den Nacken gelegt, sie starrt in das künstliche Licht, neben ihr ein anderes Mädchen, noch jünger als ich. Unsere Blicke würden sich treffen, ganz unvermittelt, und sie würde alt aussehen, älter, als ich sie in Erinnerung habe. Ich würde weitergehen, vielleicht ein bisschen langsamer, sie würde mir nicht nachsehen, sondern sich zu dem Mädchen wenden und zu dem Mädchen so etwas Wahrhaftiges sagen, dass sich jedem, der es hört, alle Härchen alarmiert aufstellen würden.
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Near fragment in time

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Marc fuhr mit Schritttempo auf den Rastplatz und parkte nach wenigen Metern. [...] Marc stieg aus und sah sich um. Der Rastplatz war eher klein. Er gehörte zu den wenigen Parkplätzen im Großraum Wien, die weder mit Video überwacht noch ausreichend beleuchtet waren. Links und rechts der Durchfahrtsstraße befanden sich Parkstreifen. Ein schmaler Gehsteig säumte die rechte Parkspur. Der Rastplatz war spärlich begrünt. Gleich am Anfang der rechten Parkspur wuchsen einige dichtere Büsche. Dort lag die Leiche.
pp 46 from Canard Saigon by Harald Friesenhahn

Near fragment in space

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Tamara zog ihre zu weite Hose etwas hoch und ließ sich in den Schneidersitz sinken.
"Was machen wir jetzt?" Mit meinen Schuhspitzen schob ich platt getretene Zigarettenstummel zur Seite.
"Jetzt sitzen wir da."
"Warum?"
"Weil man das so tut, dasitzen und Bier trinken und die Leute fragen, ob sie einem Geld geben."
Ich setzte mich auf den Boden, ein Mädchen mit Dreadlocks ging vorbei. Sie trug neue Adidas-Sneakers, die so weiß waren wie Gletscherschnee vor der industriellen Revolution. Dabei dachte ich an die Schule, daran dass dort gerade Mittagspause war, an den Vorteil von Jausengeld und an meinen leeren Magen.
Tamara holte eine Dose Bier aus den Untiefen ihrer Hosentasche. Wir tranken. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich an die Steinwand, alles um mich herum verwandelte sich in ein Rauschen, in dem ich meinen Hunger vergaß. In regelmäßigen Abständen zogen die Junkies an uns vorei, mit ihren monotonen "Substi, Substi"-Rufen, die zuerst kürzer und dann wieder länger wurden, je nachdem ob sie sich näherten oder entfernten.
"Dopplereffekt", kicherte Tamara, und ich wusste nicht, ob sie nun den physikalischen oder den alkoholischen meinte.
Irgenwann in ihrem Leben hatte Tamara die eine oder andere Bildungseinrichtung besucht und mit großer Wahrscheinlichkeit sogar studiert. Aber konkreten Fragen über ihr Leben wich sie aus. Manchmal sagte sie etwas über Quanten und Strings und Quarks und Spins, dabei verdunkelte sich ihr sonst so helle Iris, sie kniff die Augen zusammen, ihre feinen Fältchen wurden sichtbar, und sie raufte sich die ohnehin in alle Richtung abstehenden Haare. Leider hatte sie zwischen ihr Wissen Lücken gesoffen, sodas die Zusammenhänge für sie nur noch schwer herstellbar waren.
"Gib mir die Schnapsflasche", sagte sie immer, wenn ich etwas von ihr wissen wollte, "dann geht es leichter."
Aber leicht ging nur noch eines: was man in welcher Form rauchen, spritzen oder schnupfen konnte und was besser nicht.
pp 13-15 from Chucks by Cornelia Travnicek