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Die freudlose Gasse - pp 10
Bei Generaldirektor Rosenow ist Gesellschaft. Mehr als hundert Gäste sind zum Souper geladen. Die große, schloßähnliche Villa in der Pötzleinsdorfer Allee strahlte im Glanz der elektrischen Kronleuchter, auch die Bogenlampen im Park, der die Villa umgibt, leuchten blau und erhellen auf hundert Meter die ganze Gegend. Ein Auto nach dem anderen fährt vor das Gartenportal, vor dem zwei livrierte Diener die Gäste in Empfang nehmen. Ein dritter Diener geleitet sie die gedeckte Gartentreppe zur Villa hinauf, wo sie von Zofen der Pelze und Mäntel entledigt werden. In der mächtigen Halle begrüßt Generaldirektor Jonas Rosenow zappelnd, aufgeregt, jovial, ehrfurchtsvoll oder schäkernd seine Gäste und führt sie zu einem Tisch, auf dem jeder Herr, jede Dame die Tischkarte findet. Dann betritt man den ersten, in Empire gehaltenen Salon, in dem die Frau Rosenow die Honneurs macht. Der dicken kleinen Dame mit rundem, freundlichen Gesicht fällt das nicht leicht. Von Zeit zu Zeit wirft sie einen flehenden Blick auf die schlanke, hohe, magere Gestalt neben ihr, die ihr dann beispringt. Es ist dies die verwitwete Gräfin Stuppach, jetzt Hausdame bei Rosenows.
Near fragment in time
In einer weißen, an den Rändern gesprungenen, unförmigen Tasse bekam sie ihren Frühstückskaffee, später begleitete sie die Kinder der Frau Kausik, einen Buben und ein Mädchen von neun und acht Jahren, die ihr sehr anhänglich waren, zur Schule, und eine Stunde drauf, nach einem Spaziergang durch den Stadtpark, dessen frühsommerliches Blühen ihre Stimmung ein wenig aufheiterte, sprach sie in einem Stellungsbureau vor, wo sie als eine Person, die es nirgends lange aushielt, ohne Freundlichkeit behandelt wurde.
pp 79 from Therese. Chronik eines Frauenlebens by
Near fragment in space
Das Heulen der Sirenen trieb sie mit den Kindern in einen Bergwerkstollen, der sich am Hang des Hartäckerparks befand, es war die am nächsten gelegene Möglichkeit, vor den Bomben Schutz zu suchen. (…) Man rannte durch die Gassen, aus allen Häusern, die keinen eigenen Schutzkeller besaßen, flüchteten die Bewohner, und dann saß man im feuchten, kalten Stollen auf Klappsesselchen, es tropfte von der lehmigen Deck, und eine angespannte, nur von leisen Seufzern oder Husten durchsetzte Stille herrschte, bis die Sirene draußen „Entwarnung“ gab.
pp 226 from Im Schatten der Zeit by
