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Der Komet - pp 48

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Zwei Wochen später ging Alexej von Repin durch das Häuserlabyrinth der Josefstadt. Er schlenderte ohne Plan oder Ziel, er flanierte nur so vor sich hin. Er wanderte die Lazarettgasse entlang, die wohl deshalb so hieß, weil das Krankenhaus gleich hinter ihr lag, bog nach links in die Pelikangasse ab (vorbei an einer großen Metzgerei, die, wie die hebräischen Schriftzeichen in ihrem Schaufenster verrieten, mehr wahr als nur koscher, nämlich "glattkoscher"), überquerte die Alserstraße, ließ willenlos zu, dass seine Füße ihn die Kochgasse entlangtrugen (hier kam Alexej ein Pulk von Talmudschülern entgegen, nicht umsonst hieß die Leopoldstadt "Mazzesinsel"); er bog am Post- und Telegrafenamt (eigentlich seltsam, dass es so hieß, telegrafierte denn heute noch jemand?) wiederum links in die Florianigasse ein und spazierte am Schönbornpark vorbei (einer angestaubten grünen Oase in diesem steinernen Meer); und dann, während hinter ihm rostrot das Tageslicht im Westen versank, folgte er der Straße einfach immer weiter auf den Ring und die Innere Stadt zu.
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Auf "Aufriß" zu gehen wurde in der der 3b bald zur erklärten Freizeitbeschäftigung Nummer eins. Auch Hicke und mir schien das aktive Akquirieren von Weiblichkeit die einzige Chance, unseren kümmerlichen Schatz an erotischer Erfahrung zu bereichern. Was bei getrennten Klassen, Unmengen an Hausaufgaben und Ausgang bis achtzehn Uhr schwierig war. Nur die Wochenenden boten Chancen, Witterung aufzunehmen und frisches Wild zu erspähen. Das Problem daran war nur, daß sich weder Siegfried noch ich je getraut hätten, zwei kichernd dahinspazierende Mädchen auf offener Straße anzusprechen. Daher wählten wir in stummem Einverständnis für unsere Wochenend-Streifzüge nicht das belebte Menschengewirr der Innenstadt, wo Steinmenger & Co wilderten, sondern verzogen uns in die verlassenen Gassen von Hernals, diese stundenlang durchstreifend. Im Normalfall trafen wir demnach auf taubenfütternde Pensionistinnen und - an guten Tagen - auf bekopftuchte Kroatinnen, die ihre Kinderwägen durch die Sommersonne schoben. Von knackigen Mädels weit und breit keine Spur. Beruhigt schüttelten wir uns gegen sechtzehn Uhr an der Straßenbahnhaltstelle Elterleinplatz die Hände, einander gegenseitig versichernd, daß wohl höhere Mächte gegen uns gewesen waren.
pp 123-124 from Mamy blue. Eine Pop-Odyssee aus Wien. by Norman Weichselbaum

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Sie waren noch keine zweihundert Meter gefahren, als Helmut Motzko sich vorbeugte und auf den CD-Player deutete. »Darf ich?« »Klar, zahlt sich aber kaum aus, wir fahren ja nur in die Florianigasse.« »Wie weit ist das denn?« »Im achten Bezirk. Keine zehn Minuten. Wie lange sind Sie denn schon in Wien?« »Knapp zwei Jahre. Viel hab ich noch nicht gesehen.« »Und woher kommen Sie?« »Südburgenland.« »Das hört man aber nicht.« »Ja, meine Eltern haben immer Wert darauf gelegt, schön zu sprechen. Die sind aber auch keine Burgenländer, die sind so Aussteiger, die irgendwann beschlossen haben, einen auf Biobauern zu machen.« »Und dann wird der Sohn Polizist?« »Ja, das fanden sie auch nicht so toll. Ihr Polizistenbild ist nicht unbedingt das vom Freund und Helfer.« »Aber Sie haben’s trotzdem gemacht. Find ich gut.« Helmut Motzko murmelte verlegen etwas aus dem Fenster und drückte auf Play. In Sankt Elisabeth/feiern die Kranken/und in Sankt Rochus/steht schon lang eine Uhr/in Sankt Marx dort droben/stirbt uns ein Bettler/drunten am Heumarkt/lacht eine Hur/die Polizisten/ordnen Verbrecher/und die Verbrecher/ordnen das Geld… »Dass mir das einmal gefällt, hätt ich nicht gedacht.« »Ich kann Ihnen die CD mal brennen.« »Das ist illegal.« »Verraten Sie mich einfach nicht.« In der Florianigasse fanden sie direkt vor der Haustür einen Parkplatz. Anna sah aus dem Fenster auf die gegenüberliegende Straßenseite. »Hier hab ich mal gewohnt.« Motzko fragte aus reiner Höflichkeit: »Wann?« »Ach, das ist schon lange her.« Anna blieb noch einen kurzen Moment sitzen und betrachtete die Fassade des grauen Hauses.
pp 217-218 from Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien by Petra Hartlieb, Claus-Ulrich Bielefeld