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Das Vaterspiel - pp 277-278

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Soweit ich mich zurückerinnern konnte, trug meine Mutter immer Stützstrumpfhosen. Ihre Beine hatten eine Neigung zu Krampfadern. Meine Mutter meinte, die Stütz-strumpfhosen würden das Schlimmste verhindern. Später, als mein Vater schon viel Geld verdiente, ging sie mehrmals in die Privatordination von Dr. Staudacher, einem bekann-ten Wiener Gefäßchirurgen, der sie am rechten Bein ope-rierte und einige Stellen am linken Bein mit Injektionen be-handelte. Sie war mit dem Ergebnis zufrieden, trug aber weiter ihre Stützstrumpfhosen. Das Wissen um die Qua-litäten ihrer Stützstrumpfhosen gab sie an Bekannte wie eine Geheiminformation weiter. Sie nannte immer das Geschäft in der Mariahilfer Straße, wo diese Strumpfhosen zu bekommen waren, mit gedämpfter Stimme, als wäre es die Adresse einer Pornobar. Meine Mutter hatte noch ein zu-sätzliches Problem, sie hatte kurze Beine. Die von der Länge passende Stützstrumpfhose mit der Nummer 40 war ihr zu eng, sie presste ihr das Blut aus den Beinen. Sie brauchte eine Stützstrumpfhose mit Schenkelüberweite. Aber die war schwer zu bekommen. Am Anfang musste die Strumpfhose meiner Mutter im Geschäft in der Mariahil-fer Straße immer eigens bestellt werden. Nach etwa einer Woche kam der Anruf. Die Stützstrumpfhose sei zum Abholen bereit. Später war meine Mutter in dem Geschäft in der Mariahilfer Straße schon so gut bekannt, das immer eine ihrer Spezialstrumpfhosen auf Lager war. Vielleicht auch, weil meine Mutter diesem Geschäft viele Kunden zu-geführt hatte. Im Bekanntenkreis meiner Mutter gab es bald keine Frau mehr, die nicht Stützstrumpfhosen trug. Selbst die Therapiegaby, deren nackte Füße ich immer bewundert hatte, stand eines Tages, als sie meine Mutter zum Kino abholte, in einer Stützstrumpfhose da.
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  Mariahilfer Straße

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Szene 4. Sonntagmittag.

Ich gehe durch den Türkenschanzpark. Es ist klar. Aber Frühling. Büsche und Bäume in Blüte. Tulpen und Narzissen. Das Gras wieder grün. Die Anruferin von Freitag war Politikersgattin in der Nachkriegszeit.
pp 45 from Tagebuch der Gegenwart by Marlene Streeruwitz

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"Formular her." Seit zwei Wochen bin ich nun schon im Aids-Hilfe-Haus. Ich streiche jeden Tag auf Jakobs Kalender durch. Jeder ausgekreuzte Tag entlässt mich deprimiert und verärgert in den Feierabend. Noch zwölf Kreuze. Der massige Mann reicht mir den Zettel, ich nehme ihn und beginne in meinen Computer zu tippen. Ich stelle eine Frage nach der anderen, notiere die Antworten, so wie ich angewiesen wurde.
"Bitte im Wartezimmer Platz nehmen."
pp 30 from Chucks by Cornelia Travnicek