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Rückkehr nach Wien - pp 58-59

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Der Prater, ein anderes Wahrzeichen des großen bürgerlichen Jahrhunderts, hat von jeher alle Schichten zur Belustigung gedient. Vornehme ältere Damen und Herren rollten gemächlich zu den Pferderennen in der Freudenau, indes wohlhabende junge Leute ihr Geld und gutes Aussehen beim Blumenkorso zur Schau stellen konnten. Liebespaare wandelten unter weißen und rosafarbenen Kastanienblüten. Große gemütliche Familien nahmen große gemütliche Mahlzeiten in einem der drei Kaffeehäuser am Rand der Hauptallee ein, oder in den ungarischen, tschechischen, serbischen, polnischen und italienischen Gaststätten in der Nähe des Wurstelpraters. In diesem volkstümlichen Teil amüsieren sich Kinder, Köchinnen und Soldaten. Am liebsten fuhren sie mit der Grottenbahn durch finstere Schluchten, in denen Märchenszenen oder Schreckbilder aufzuckten und wieder verschwanden: Wölfe mit gefletschten Zähnen, Zwerge, um einen funkelnden Schatz geschart, oder eine grausige Darstellung des Erdbebens von Lissabon, das sich unter ohrenbetäubendem Donnergrollen vor ihren Augen vollzog. Wieder im Freien, hörten sie die Schreckensschreie von der sausenden Scenic Railway. Ringelspiele, bevölkert von Pferden, Elefanten, Drachen, Einhörnern und jeder Art von heraldischem Tier, drehten sich zum metallischen Klang der Polka. Das ehrwürdigste Karussell bewegte sich um die gigantische Figur eines Chinesen, den man „Kalafatti“ nannte – angeblich, wenn auch nicht recht einleuchtend, eine Verballhornung des Wortes Kaliphat. Für kleine Kinder gab es Marionettentheater mit jenem „Wurstel“, der dem ganzen Bereich seinen Namen lieh. Seit 1873, dem Jahr der Weltausstellung, hatte hier das Riesenrad gestanden, mit seinen vielfarbigen Waggons, beleuchtet von Lampions, in denen man hoch im Bogen durch den Abendhimmel fuhr.
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  Prater
Riesenrad

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In der Salvatorgasse, dem Eingange des alten Maigstratsgebäudes gegenüber, steht ein hl. Christophorus. Wenige Wiener wissen, daß dieser kräftige Mann mit dem Stocke in der Hand den hl. Christoph vorstellen soll; viele halten diese Statue für das Bild eines schlichten Bauern.
Der hl. Christophorus und die Eselin, welche Christus bei dem Einzüge in Jerusalem getragen hatte, gingen einst in die weite Welt, um sich am Reisen zu erfreuen. Der Zufall wollte, daß beide in Wien in einem Gasthause auf der Mariahilferstraße zusammenkamen. Die Freude des unverhofften Wiedersehens in Wien war groß, und beide erzählten einander, woher sie kamen, wohin sie wollten und was ihnen auf der Reise alles begegnet sei. Und so gab ein Wort das andere und leider kamen beide dabei in Streit hinsichtlich der Frage, wessen Verdienst das größere sei, das des hl. Christophorus, der den Herrn als Jesukindlein getragen, oder das der Eselin, die Christum als Lehrmeister der Menschheit nach Jerusalem gebracht hat. Sie konnten sich nicht einigen, und weil keins nachgab, so wurde der Wortwechsel schärfer und derber; ein spitzes Wort um das andere flog bald hinüber bald herüber, so daß endlich dem hl. Christophorus der Geduldfaden riß; flugs holte er mit der Hand aus und gab der Eselin einen Schlag ans Ohr, daß sie unter den Tisch fiel. Sie raffte sich aber schnell auf, warf einen zornwütigen Blick auf den Heiligen, und sagte: So, jetzt verklage ich dich bei dem Stadtrat - und lief nun, was sie laufen konnte, schnurstracks in die innere Stadt in den Magistrat. Der hl. Christophorus zögerte auch nicht, sondern lief der Eselin nach, und als er sah, daß sie in ein Haus in der Salvatorgasse rannte, so stellte er sich diesem Hause gegenüber auf und wartete, bis die Eselin wieder herauskäme. Und so steht denn der hl. Christophorus noch immer an dieser Stelle und wartet der Eselin, doch diese hat bis heute noch nicht das Magistratsgebäude der Stadt Wien verlassen.
pp 46- from Der hl. Christophorus in der Salvatorgasse in Wien by Will Erich Peuckert

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We went then to the roundabouts. He chose to ride not on a dappled horse - I had noticed already his dislike of horses -but on a swan. He enjoyed it, but he didn't want to go round again. It was an experience complete in itself.
Then came the Wurschtlmann. He's so famous the Prater is named for him and you can see why. A hideous rubber man with a red nose who, for a few kreutzer one can thump and pound and wallop to one's heart's content, knowing that he will right himself undamaged and come up for more. Give him a name - that of your mean-minded boss, your bullying commanding officer - and you can punch him insensible and walk away, purged.
'Would you like to have a go, Sigismund?'
Even before he shook his head I saw him instinctively shield his hands, hiding them behind his back - and that was the first time I remembered the concert.
In the end, though, the Prater is about the ferris wheel whose fame has spread throughout the Empire. It towers over everything else, its carriages take you a hundred metres into the sky. To be up there and look down on the city is to ride with the gods.
So I asked him: 'What about the giant wheel? Would you like to go on it ?'
His hand tightened in mine. A tremor passed over his face. She had not been frightened even at six years old, but the boy was scared.
'The view is very beautiful from the top. You can see all Vienna.'
He stood still in the middle of the path. He tilted his head and gave a small sniff.
'I want very much to be brave,' he said in his low, cracked voice. 'I very much want it.'
And suddenly it all dissolved - my long antagonism, my restraint, the resentment that I felt at being asked for what belonged only to my daughter. I saw him sitting beside his dead mother in the Polish forest, waiting for her to wake … Saw him wobbling on the Encyclopedia of Art, playing and playing because he could no longer talk. I remembered the silent patience with which he'd endured his uncle's bullying, saw the graze on his forehead of which he'd said no word.
And I knelt beside him and took him in my arms.
'You are brave, Sigi. You're very brave, my darling,' I said - and kissed him.
So now I can tell you this. They are entirely exact descriptions of what happens, those ones in the fairy tales which tell you what occurs when you kiss an ugly frog, a hairy beast, with proper love.Sigi didn't kiss me back or cling to me. He just straightened his shoulders and then in a calm, almost matter-of-fact voice, he said: 'Now we will go up,' - and then led me to the brightly painted carriages swaying high above our heads.
pp 177-178 from Madensky Square by Eva Ibbotson