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Die Arbeit der Nacht - pp 74-

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Vor der Millennium-City hielt er nicht an, sondern fuhr direkt in das Gebäude ein. Im Schritttempo ging es vorbei an den Boutiquen, dem Buchladen, dem Juwelier, dem Drogeriemarkt, den Cafés und Restaurants. Wie an einem normalen Arbeitstag war alles offen. Er verzichtete darauf zu hupen.
Bei den Imbißständen und Snackbars fiel ihm aus, wie gründlich zusammengeräumt sie waren.
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  Millennium City

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Leo Zelman beschrieb das Verhalten der österreichischen Bevölkerung gegenüber ihm als Juden pragmatisch anhand zweier Sequenzen: einer Begegnung mit dem Onkel einer Bekannten, in deren Haus er zum Essen eingeladen war.
„ […] hab ich kennen gelernt eine richtige = [lacht] Lotte, hat sie geheißen. Mädchen, dass ich mich dran erinnere. Und ihre Mutter ist zu mal gekommen und hat gesagt, Ich hab von Ihnen gehört, kommen Sie doch mal zu Weihnachten. Nach Hause zu uns in die Herrengasse. Und ich hab schon damals gewohnt am Schotten=, nicht am Schottenring, sondern am Rudolfsplatz Und ich bin dort hingekommen, natürlich auch ein Care-Paket mitgenommen, und dort konnte= der hat nicht mehr gelebt, er ist gefallen, und der Onkel ist gekommen. Und der Onkel hat schon getrunken war eines= das hat mich damals so angeekelt, seit damals trink ich keinen Wein. Und dreht sich um „Von wo bist du?“, sag ich „Ich bin von Lodz“. Wahrscheinlich hat er geglaubt, dass ich ein Volksdeutscher bin, ich hab schon ein bisschen deutsch gesprochen. Sagt er [laut am Anfang], „Na, in Lodz haben‘s wir den Juden dort gezeigt!“[laut Ende] Ich bin so blass geworden, so erschocken worden, es war ein kalter Winder, von der Herrengasse bis am Rudolfsplatz gelaufen ohne Mantel, ist mir nachgelaufen, äh, die - Lotte ist mir nachgelaufen mit dem Mantel ich bin, äh, ohne Mantel weggerannt aber ganz 0 äh […?] ich war ganz nervenschwach, hab nicht schlafen können.
pp 122 from Rückkehr in die Außenwelt: Öffentliche Anerkennung und Selbstbilder von KZ-Überlebenden in Österreich by Melanie Dejnega

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Das Handy. Ich griff in die Tasche und drückte darauf herum, bis es endlich zu läuten aufhörte.
Herzstillstand heißt, das Herz hat aufgehört zu schlagen.
Aber hört das Herz nicht immer auf zu schlagen, wenn der Tod eintritt?
Ja.
Mit anderen Worten, Sie sagen: Der Tod war die Todesursache?
Wieder läutete das Handy.
Ja. Der Tod Ihres Vaters hatte keine andere Ursache. Keine sichtbare andere.
Das Handy.
Wollen Sie eine Obduktion beantragen?
Ich holte das Handy aus der Tasche, sah auf dem Display »Mutter«, drückte auf die Taste »Gespräch annehmen« und sagte zum Doktor: Eine Obduktion?
Obduktion?, hörte ich am Handy die Stimme von Mario, dem Mann meiner Mutter. Du weißt es schon? Von wem? Und warum eine Obduktion?
Zehn Minuten später war ich auf dem Weg ins Böhler-Unfallkrankenhaus.
Sie hat nicht gelitten, sagte ein junger Arzt.
Was heißt, sie hat nicht gelitten?
Es ging zu schnell. Als ihre Mutter vom Pferd abgeworfen wurde, hatte sie gerade noch Zeit, zu begreifen, dass sie abgeworfen wurde. Und schon prallte sie auf, die Halswirbelsäule brach, und sie war tot, schneller als sie knacks sagen können. Wir haben für Ihre Mutter, als sie gebracht wurde, nichts mehr tun können. Es war eindeutig, dass sie auf der Stelle tot gewesen sein musste.
pp 196-197 from Don Juan de la Mancha by Robert Menasse