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Der Tod Georgs

3150099897
978-3-15-009989-6
January 2009
January 1900
(none)
QuotePaul sah zum Himmel auf; der Wind strich nur nahe am Boden, denn der bleigraue Himmel schien unbewegt. Er schritt durch das Gittertor über den hellen gefegten Sand des Hofes. Außer einem Burggendarmen und dem Wachtposten war niemand da. Im Parterre vor dem Schloß knieten Gartenarbeiter auf den Rasenflächen und schichteten gelbgrüne verblichene Rasenziegel. Die Beete lagen entblößt, und ihre schwarze lockere Erde war aufgewühlt. An die Sockel der sandsteinernen Bilder hatte der Wind braune modernde Blätter zu Haufen angeweht. Irgendwo klangen Stimmen. Paul sah auf; ein Mann, der zwei Kinder an der Hand hielt, kam über den Wiesenhang von der Gloriette herab. Die offene luftige Säulenhalle schien unkörperlich und flach an den Himmel gepreßt, der in wolkenlosem Grau dahinter aufstieg. In fahlem Gelb zog sich der steile Wiesenhang herab, jäh abgeschnitten durch die steinerne modergrüne Rückwand des Neptunbrunnens. Zwischen all den matten erlöschenden Farben, schien das Grün des Tannenhintergrundes sich schwarz zu einer Höhle zu vertiefen, aus der die steinernen Hippocampen sprengten.

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QuoteAm Ende der Allee, dort, wo sie in ein Rondeau mündete, blieben die beiden Frauen stehen. Vor ihnen, umgeben von Bänken, lag ein kleines rundes Wasserbecken, aus dessen Mitte eine steinerne fischgeschwänzte Frau sich hob. Sie ruhte auf einem Delphin; und ihren reifen, überquellenden Leib leicht nach vorne neigend, den Kopf zurückgebeugt, schien sie mit erhobener Hand ihre Augen zu beschatten - vor einer Sonne, die nicht am Himmel stand. Die beiden Frauen traten an den Rand des Beckens. Die eine neigte sich und sah hinab. "Das Wasser ist leer, Mutter", sagte sie. Scharf umrissen zeichnete sich ihre schmächtige dunkle Gestalt auf dem grauen Hintergrund der steinernen Gruppe. Vor der lebenerfüllten reichentfalteten Nacktheit der Frau auf dem Delphin, schienen die überschlanken Glieder des jungen Mädchens, wie aus Scham über ihre eigene Dürftigkeit, ängstlich sich in den schwarzen Stoff zu hüllen.

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QuoteAm Rande des Neptunbrunnens stand Paul still. Über der steinernen modergrünen Rückwand schien das Schwarz des Tannenhintergrundes zu einer Höhle sich zu vertiefen, aus der steinerne Hippocampen sprengten. Braune Blätter lagen wie eingewebt in dem dünnen zerknitterten Schleier, zu dem die Oberfläche des Wassers zu erstarren begann. Von den großen Goldfischen in der Tiefe drang nur ein matter roter Schein durch das Dunkel nach oben. Nur kurze Zeit - Minuten - waren vergangen, seit er hier an derselben Stelle gestanden hatte; aber wenn er daran dachte, schien es weit hinter ihm, wie längst Vergangenes, zu liegen. Damals hatte er sich abgemüht, um das zu finden, woran ihn der Teich und die Fische erinnerten. Mit gierig schnappenden Lippen hatten die sich ans Ufer gedrängt und dann satt sich sinken lassen, bis sie nur wie große Blutstropfen aus der Tiefe schimmerten. Nun wußte er, welche Erinnerung sie in ihm geweckt hatten.

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