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Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien - pp 97-98

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Harald stand schon vor der Haustür, als Anna aus dem Stiegenhaus trat. Obwohl die Sonne fast schon untergegangen war, kühlten die aufgeheizten Straßen nicht ab. »Ins Kutschker?« Harald nahm sie in den Arm und küsste sie beiläufig auf die Stirn. »Nein, erstens hat es zu, die sind doch im Urlaub, und zweitens möchte ich gern in ein Lokal am Gürtel. Weinkontor, kennst du das?« »Ja, ich war da mal mit einem Kollegen. Was willst du denn da? Das ist nicht unbedingt deine Preisklasse.« »Du musst mir nicht unter die Nase reiben, wie wenig die Beamten in Österreich verdienen. Ich will da mal hin und basta.« »Ist ja gut. Reg dich nicht schon wieder auf, ich lad dich gern auf ein Glas ein, Zahnärzte verdienen zwar auch nicht so viel, wie alle immer glauben, aber mehr als Polizisten auf jeden Fall.«
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"Eine Kutsche?" Gustav deutete auf den Fiakerstand gegenüber vor dem Hotel Imperial.
"Nein. Lassen Sie uns zu Fuß gehen, es ist nicht sehr weit."
"Was für ein wunderschöner Tag", sagte Gustav im Plauderton und bot ihr galant seinen Arm an.
Als sie sich ganz ungezwungen bei ihm einhängte, streifte ihr Busen seinen Ellbogen. Er spürte Bewegung in seiner Hose.
Arm in Arm schlenderten sie die Ringstraße entlang. Der Lärm und Dreck auf den Baustellen am Straßenrand tat seinen romantischen Gefühlen keinerlei Abbruch. Ihr Parfüm raubte ihm beinahe den Atem. Oder war es all der Staub und Dreck? Wenn es nicht bald regnete, würde die Reichshauptstadt in einer dicken Staubwolke ersticken.
"Wien wird jetzt zur Großstadt demoliert", hatte Karl Kraus in der Künstlerzeitschrift Wiener Rundschau geschrieben. Dieser kritische Geist hatte wieder einmal Recht gehabt, dachte Gustav. Die Fertigstellung der Ringstraße, der Bau der Gasleitung und die Regulierung des Wienflusses - Baustellen, nichts als Baustellen seit über zwanzig Jahren. Obwohl Gustav ein glühender Anhänger des Fortschritts und der Moderne war, litt auch er unter dieser permanten Lärm- und Geruchsbelästigung.
pp 23 from Der Tod fährt Riesenrad by Edith Kneifl

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Das Handy riss sie aus ihren Gedanken. »Friedelhofer. Grüß Gott. Sind Sie noch im Büro?« Anna war mehr als überrascht. »Hallo. Nein, ich bin nicht mehr im Dienst. Was verschafft mir die Ehre? Haben Sie noch was Neues zum Fall Bachmüller?« »Nein, nein. Der ist ja längst nicht mehr mein Fall. Wobei… nachdenken tu ich schon noch über den. So ein schöner Mord. Fast perfekt.« »Tja, aber eben nur fast. Jetzt müss’ma nur noch rausfinden, wer diesen fast perfekten Mord begangen hat.« »Und nachdem Sie das heute wohl nicht mehr tun werden, hab ich mir gedacht, wir könnten zusammen was essen gehen? Oder haben Sie schon was vor?« »Nein, nicht direkt. Ich wollte früh ins Bett, aber gegessen hab ich noch nichts.« Anna versuchte sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. »Und was schlagen Sie vor?« »Bei den Temperaturen könnten wir ans Wasser gehen. Was halten Sie von der Alten Donau?« »Ja, wenn wir da einen Platz bekommen.« »Ich glaub schon. Sind ja eh alle weg jetzt in den Sommerferien. Soll ich Sie abholen?« »Ich kann auch mit der U-Bahn fahren.« »Das können Sie aber auch lassen. Wo wohnen Sie denn?« »Im 18., beim Kutschkermarkt.« »Gut, können Sie da an der Straßenbahnhaltestelle warten? Ich bin in zwanzig Minuten da. Gelbes Auto.« Mein Gott. War das etwa ein Rendezvous? Mit einem Pathologen? In zwanzig Minuten? Keine Zeit mehr zum Haarewaschen oder lange Überlegen, was sie anziehen sollte. Anna sprang trotzdem schnell unter die Dusche und holte ein frisches T-Shirt und einen Sommerrock aus dem Schrank. Sie hatte bis jetzt nicht einmal darüber nachgedacht, ob sie diesen Friedelhofer attraktiv fand. Na, einmal essen gehen ist ja noch nicht verlobt. Obwohl ab einem gewissen Alter Verabredungen dieser Art eher selten wurden.
pp 184-186 from Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien by Petra Hartlieb, Claus-Ulrich Bielefeld