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Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien - pp 471-472

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Wie am Ende eines Falles spürte er eine unendliche Müdigkeit und eine bleierne Melancholie. Er schaute Anna an, um deren Mund sich zwei tiefe Falten gegraben hatten. Sie starrte missmutig und angeekelt auf den schmutzigen Zettel. »Furchtbar. Er ist der Schlimmste von allen.« »Aber ist doch nett von ihm, dass er uns so viel Ermittlungsarbeit erspart hat. Und ansonsten, wir sind doch in Wien: Das Hässliche verdrängen wir, sonst könnten wir sowieso nicht weitermachen. Ist doch unser Prinzip schon seit Jahrzehnten.« »Deins vielleicht.« »Deins auch.« »Ich weiß nicht. Gerade bin ich wieder mal an dem Punkt angekommen, wo ich aufhören will.« »Kannst du doch gar nicht.« »Ich geh aufs Land und werd Winzerin.« »Keine schlechte Idee. Da komm ich mit. Wir übernehmen einfach Bachmüllers Klitsche. Vielleicht schaffen wir’s ja, Arnie Schwarzenegger als Werbeträger zu gewinnen, der hat ja bald viel Zeit.« Sie lachten, und Bernhardt gab sich einen Ruck. »Aber bevor wir aufs Land fahren, ärgern wir noch einmal den netten Portier vom Hotel Regina.« »Ich bin sicher, der hat das letzte Zimmer gerade vergeben.«
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  Hotel Regina

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Im Anschluss suchte er frisch gestriegelt das k. k. Hof-Naturalienkabinett auf. Nach zwei Weltkriegen und einer untergegangenen Monarchie war es zwar in Naturhistorisches Museum umbenannt worden, doch das Fehlen des Adelstitels tat der Bewunderund Johannes Gerlitzen keinen Abbruch. Kaum dass er den aufsgestopften Hund des Museumsgründers Franz Stephan von Lothringen an der majestätischen Eingangestreppe betrachtet hatte, war er froh, so früh aufgestanden zu sein. Er blieb, bis ihn der Saalwächter nach Hause schickte, und hatte dennoch das Gefühl, nicht lange genug dort gewesen zu sein. Endlich sah Johannes Gerlitzen all die anderen Würmer, die nicht in seinem Darm gewesen waren und von denen er nur gelesen hatte: Bandwürmer, Fadenwürmer, Saugwürmer der Lunge, Saugwürmer der Leber, Schweinelungen gespickt mit Finnen und unzählige mehr. Es gab sogar Mikroskope, an die sich der Beuscher unter den Argusaugen des Saalwächters setzen konnte, um die Körper von Würmern vergrößtert zu bestaunen. Wie fein die Glieder waren! Wie stark ausgeprägt die Fangzähne! Johannes lief es kalt den Rücken herunter bei dem Gedanken, dass sich solche Zähne einst in der Innenwand seines Dünndarms verkeilt hatten. Die meiste Zeit verbrachte er im Saal der wirbellosen Weichtiere, aber er spazierte auch durch die anderen Säle des Obergeschosses. Die Steine und Mineralien im Parterre sparte er aus - inmitten der Vielfalt der Welt hatte er das Gefühl, in St. Peter sein Leben lang genug Steine gesehen zu haben. Manchmal bekam er Atemnot und musste sich setzen. All die Eindrücke überwältigten ihn, und er war überfordert von der Frage, wie er den Rest der Welt bisher hatte ignorieren können. Wie war es möglich, auf diesem gewaltigen Erdball zu leben, und nichts anderes zu kennen als den Ort, in dem man geboren und aufgewachsen war? Johannes Gerlitzen setzte sich auf einen Schemel und atmete tief ein. Im Naturhistorischen Museum roch es intensiv nach Alaun, Aluminiumgerbstoff und Borsäure. Die Saalwächter mussten aus diesem Grund nach einem Arbeitstag zwanzig Minuten mit sehr viel Seife duschen, doch für Johannes Gerlitzen war dies der Duft der Freiheit.
pp 38-39 from Blasmusikpop by Vea Kaiser

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Am Gymnasium, wo Harry Hassler um micht herumtanzte und wieherte, gegenüber vom Chemischen Institut, in der Gasse, die nach einem gesunkenen Schiff benannt war, da lehrten sie Sanskrit. Latein, Griechisch, Sanskrit, das war schon cool. Und langsam. Daran konnte man sich anhalten, am Rausch der Langsamkeit.
pp 62 from Boboville by Andrea Maria Dusl