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Sie sprechen mit Jean Améry, was kann ich für sie tun? - pp 37-38

Neubau, wie der siebte Bezirk genannt wird, hatte seit einigen Jahren einen grünen Bezirksvorsteher, der für dieses ehrenvolle Amt sogar seine Trafik treuhändisch an andere übergab. Hier wohnten seit zwanzig Jahren die gleichen Leute. Damals waren sie als 20-jährige Studierende in Substandardwohnungen eingezogen, hatten in verrauchten Kneipen ihre ersten künstlerischen Schritte gemacht oder com Designerdasein geträumt. Sie renovierten ihre Wohnungen, kauften anderem DisignerInnen überteuerte Klamotten ab und konnten sich nicht nur Sushis leisten, sonder Bio-Sushis. Niemand zog weg, alle wurden hier älter und die Kinder der Leute hatte weiterhin keine Parks zum Spielen. Selbst die Kommunistische Partei war geblieben und hatte aus ihrem Siebenstern das Café 7Stern gemaht, das sich architektonisch dem Trend und den Bedürfnissen der jetz 40-jährigen Grünen anpasste. Er war nicht oft hier zu Gast; es war schwer, mit jemandem ins Gespräch zu kommen.
Near fragment in time

Am nächsten Tag erschien der Junge von sich aus auf dem Kommissariat, um mit Schäfer zu sprechen. Fast zwei Stunden saßen sie im Besprechungsraum. Zuerst redeten sie über Danas Tod. Ja, sie hatte darüber gesprochen, sich zu töten. Und sie wollte es tatsächlich so machen, dass ihr Vater dafür büßen müsste. Einmal hatten sie sogar überlegt, es zusammen zu tun. Hand in Hand vom Donauturm zu springen. Oder wie bei "Thelma und Louise" mit dem Auto über eine Felsklippe zu fahren. Aber für ihn war das doch eher etwas gewesen, mit dem sie ihre Verzweiflung teilten und sich in ihrer Liebe bestärkten. Richtig tot sein wollte er nie.
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