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Die freudlose Gasse - pp 38

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Der Redakteur des >>Wiener Herold<<, Otto Demel, ging in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Doktor Heinrich Leid auf und ab, während dieser vor seinem Schreibtisch saß und düster vor sich hin stierte. Die weitläufigen Bureauräume befanden sich in einem Haus an der Ecke der Goldschmiedgasse und des Stephansplatzes, und wenn Demel beim Fenster stehen blieb, sah er den majestätischen Dom vor sich, den Graben mit seinem Menschen- und Wagengewimmel unter sich.
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Aber mitten in der City stehen noch die alten Basteien und auf ihnen gelbe Kastenhäuser mit glatten Fassaden, kleinen Fenstern zwischen breiten Grundpfeilern, die große Räume ahnen lassen; da die Plafonds nieder sind, reicht das Fenster um den Raum zu hellen; von der Front ist Mörtel geschält, der Stein graut hervor, Blumenbehälter streuen Buntheit. Aber nicht überall ist Helle. Verlieren wir uns hinter die schräg angemauerten Basteien, die Albrechtsrampe, die Mölkerbastei, die (Dominikaner) Stubenbastei, die da noch von Altem zeugen, so wachsen winklig ineinander verschnittene Häuschen üppig überpackt empor. Schwibbogen turnen über die Gassen, busige Balkons laden weit aus, düster springen adlige Steinembleme aus verkniffenen Palastfronten aschigen Aussehens. Die Häuschen klettern beinahe flächig übereinander aufwärts, wie eine Verschnitzung der größeren Paläste, an die sie sich drücken. Eine Bronzeplakette an der ältesten Brücke beim Roten- Turm- Tor, die dort über den Seitenarm der großen Donau führte, der jetzt als mit dem Zirkel gezogener Kanal ausgesteint ist, zeigt im kräftig gewölbten Relief die Ansicht der alten Stadt, die sich dort vordem ein wenig bergan stufte, den Hügel hinauf, auf dessen Plateau der Stefansdom ragte und noch ragt: unter den größeren neuen Häusern verliert sich dieses Gefühl für ds Bergige, aber Wien ist hügelig. So spürt man stellenweise noch die alten Häuser an seinen Buckeln hinabrinnen. Kastanienbäume fallen über körnige Mauern vor, aus Pfarreien, meierartig im Geviert um einseitig offene Häfe gestellt, erhebt sich eine kühle seelische Wolke aus Vergangenheit, die doch so gegenwärtig und unabänderlich empfunden wird. Sieht man aber durch die dunklen, schwergetorten Einfahrten der Paläste, die auf nur doppelmannsbreite Gäßchenklemme einander andräunen, so badet der Blick in einer überraschenden Freiheit; weite reine Arkadenhöfe mit großen Brunnenteller, inmitten von Nischen, in denen Heilige träumen, blank gescharrter Boden oder Fliesen mit dünner Geometrie spenden Licht und edlen Raum zurück, man könnte sich in Italien fühlen, so streng und doch so leicht baut sich das alte Gebäu um die noble Lichtung herum. Freitreppen tänzeln gefällig zum Stockwerk, ein hoher reifer First lächelt voll Herrentums über das gegibelte Gewirr des anrainenden Gedächers.
pp 114-115 from Wien by Robert Müller

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"Da hat man's", rief Editah, wandte sich gegen die Haltestelle der Autobusse beim Café de l'Europe zu und blieb dann ausspähend stehen.
pp 103 from Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre by Heimito von Doderer