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Zeit der Idioten - pp 161-164

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Ich mache mich auf den Weg in die Haidgasse. In der U-Bahnstation Schwedenplatz komme ich direkt in so was wie eine Razzia hinein. Ein Haufen Obdachloser wird von ungefähr doppelt so vielen Polizisten oder Soldaten durchsucht. Sie müssen ihr dürftiges Hab und Gut auf den Boden kippen. Ein Polizist bittet mich, meine Hände hochzunehmen und meine Hosentaschen umzustülpen. Es gäbe keinen Grund zur Sorge, meint er, aber den Obdachlosen sei schon des öfteren bombenähnliches, explosives Material untergejubelt worden. Wo ich hinwolle, fragt er mich dann. Zu meinen Eltern, sage ich. Ich mache mir Sorgen um sie. Er lässt mich weitergehen. Ich verlasse die U-Bahnstation.
Es ist schlimmer geworden, seit ich nach Bölling gezogen bin. Der Schwedenplatz ist so gut wie menschenleer. Ein paar Jugendliche haben sich versammelt, um zu demonstrieren. Wir haben keine Angst! Behauptet ihr handgeschriebenes Transparent, das sie aber eher vorsichtig, fast schon teilnahmslos und nicht sehr überzeugt in den Händen halten. Normalerweise tummeln sich hier die Massen. Der Schwedenplatz liegt am Donaukanal, das ist die Grenze zwischen dem ersten und zweiten Bezirk. Hier bekommt man das beste Eis im ganz Wien, aber das Geschäftslokal ist verriegelt. An der Tür hängt ein Schild mit den Worten: Liebe Kunden. Leider erfordern die Umstände eine vorübergehende Schließung. Wir hoffen, Sie bald wieder bei uns begrüßen zu dürfen.
Unten am Kanal eröffnen um diese Jahreszeit immer Strandbars und Sommerlokale, aber jetzt ist davon nichts zu sehen. Ein Polizeiboot fährt langsam auf und ab. Vor dem Billa steht eine Menschentraube. Ich gehe hin und frage, was los ist. Ein Mann erklärt mir, seitdem die Leute hier angefangen haben, Geschäfte zu plündern, haben in jedem Bezirk nur ein paar ausgesuchte Supermärkte geöffnet, und jeder, der darin einkaufen will, wird durchsucht. Zwei Soldaten bewachen den Eingang. Der Mann trägt ein hellblaues Hemd mit einem rot-weiß-roten WW auf der Brust. Ich spreche ihn darauf an, er gibt mir einen Zettel und sagt, er sei Mitglied der privaten Bürgerwehrorganisation Wir Wiener, die sich eigenhändig um Sicherheit und Ordnung im Bezirk kümmert. Die Exekutive sei ja völlig überfordert, meint er. Ich werfe den Zettel weg und gehe weiter. Ich muss den Kanal überqueren.
Die Taborstraße, der Eingang in den zweiten Bezirk, sieht fast schon verwahrlost aus. Hier, ungefähr zweihundert Meter weiter vorne explodierte die Bombe der Rechtsradikalen. Das Haus ist keines mehr. Eine riesige Baustelle, die sich bis auf die Straße ausbreitet, ist davon übrig geblieben. Es stehen auch mehrere Menschen herum, Beamte, Schaulustige oder Journalisten. Gleich schräg gegenüber steht die Kirche St. Josef und noch weiter vorne ist die Castellezgasse; dort ist die jüdische Schule, in der der Anschlag vereitelt wurde. Dieses Szenario gäbe tatsächlich eine gute Filmkulisse ab. (…) Ich muss in die Haidgasse, die ist ein paar hundert Meter geradeaus und dann links.
Die Taborstraße ist früher einmal eine wunderschöne Straße gewesen. Fiaker sind gefahren, später hat es sich dann ausgezahlt, mit voller Geldbörse hierher zu kommen, die allerersten Adressen. Heute ist sie nur eine weitere von den Hunden angeschissene Straße, die Fiaker scheinen den Donaukanal nur ungern zu überqueren, ein armseliger, krimineller Ruf eilt dem zweiten Bezirk, der Leopoldstadt, voraus. Aber das macht natürlich den Charme dieser Gegend aus.
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Und dann schloss auch Cajou im Stephansdom den heiligen Bund der Ehe, auch Cajou stand im Palais Schwarzenberg und ließ sich von Hunderten Gratulanten küssen und segnen, und im Gegensatz zu Feri hatte er noch eine Hochadelige geheiratet, hinauf statt hinunter.
pp 149 from Lässliche Todsünden by Eva Menasse

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Paul Wagner und Georg Sina saßen in der Konditorei am Fleischmarkt und jeder hing seinen Gedanken nach. Von der Ruprechtskirche aus waren sie über den Schwedenplatz schweigend hierher marschiert.
pp 163 from Ewig by Gerd Schilddorfer, David Gustav Leopold Weiss