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Chucks - pp 122-124

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Ich befolgte Tamaras Rat und ging nie zu nah an der Hauswand des Universitätsgebäudes entlang, wo oben auf dem Dach die Tauben saßen, sondern so direkt und schnell wie möglich hinein, Obwohl ich keinen Schulabschluss hatte, besuchte ich immer wieder Vorlesungen, von denen ich dachte, dass sie mich interessieren könnten. Einmal saß ich in der philosophischen Fakultät in einem Seminar für Psychoanalyse, vielleicht nur weil es draußen kalt war.
"Wer war Sigmund Freud?", wollte der Vortragende vom Auditorium der Einführungsveranstatung wissen.
"Ein genitalfixierter Frauenfeind", gab ich zur Antwort.
Gelächter aus der Tussifraktion links von mir à la "Iiiih, sie hat 'genital' gesagt." Ich war sehr versucht, ihnen die Zunge rauszustrecken.
Oft ging ich einfach in irgendeinen Hörsaal, ohne zu wissen, welche Vorlesung gerade gehalten wurde, und amüsierte mich damit, anhand des Vortrages und des Aussehens und Verhaltens der Studentinnen auf die Fakultät, das Institut, und dann sogar auf das Thema der Lehrveranstaltung zu schließen.
Es gibt zwei Arten von Lehrveranstaltungen, die man problemlos, ohne angemeldet zu sein, besuchen kann: solche mit zu vielen Studenten und solche mit zu wenigen. Bei den ohnehin zahlreich vorhandenen Zuhörern fällt man nicht weiter auf, und die Vortragenden mit schlecht besuchten Vorlesungen freuen sich über jede weitere Person, ohne nachzufragen, ob man überhaupt berechtigt ist, ihnen zuzuhören.
Mich interessierten vor allem Physik, Chemie und Medizin, und am allermeisten freute ich mich, wenn durch Zufall etwas angesprochen wurde, das Tamara schon mal erwähnt hatte.
Aber ich ging auch aus einem weiteren, ziemlich einfachen Grund zur Universität: Ein Vortragender hatte irgendwann erklärt, die Universität sei ein Ort der Begegnung. Ich aber schätzte vor allem den einfachen Zugang zu Hygieneeinrichtungen. Und einmal, nach einem Seminar über Psychoanalyse, reichte die Schlange vor dem WC bis auf den Gang. Vor mir stand ein Schneewittchen für die Toilette an. Ich hielt meine Hände an der Leine, damit sie ihr nicht über das Haar strichen. Ihr bordeauxroter Schal teilte die Farbe ihrer Lippen. Dass Schneewittchen Reeboks trug, brach das Bild auf, holte sie zurück auf den Boden und mich in die Realität. Schneewittchen lächelte. Es kroch der Geruch nach altem Urin unter unseren Nasen vorbei. Ich hatte das Gefühl, wir wären tief gefallen, wir beide, als müsste ich heute an einem anderen Grund an derselben Stelle stehen und könnte nicht sagen, warum.
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Die Straßenbahn fuhr endlos. An einer großen Brücke überquerte sie die Donau. "Am Spitz", wie der Platz vor einem großen, alten Amtsgebäude hieß, musste man umsteigen. Und dann fuhren sie weiter stadtauswärts. Am "Schlingerhof" vorbei, einem Gemeindebau, der immer noch von Einschüssen gezeichnet war, gelangte man in nahezu ländliches Vorstadtgebiet hinaus. Die Brünnerstraße war neben den Geleisen der Tramway zum Teil noch nicht asphaltiert und wurde zwischen vereinzelten Häusern von unkrautverwuchertem Gelände und Akazienbäumen begleitet. Das Haus Nummer 63-65 war ein Vorkriegsgebäude, angebaut an ein noch älteres Wohnhaus, und diese Häusergruppe ragte hoch und einsam auf, zwischen den Eisenbahnschienen einer Lokomotivfabrik und einem Bahndamm.
Die zu besichtigende Wohnung aber führte in den Hof und in Schrebergärten hinaus, besaß eine kleine Veranda, von der ein Lindenbaum sein Geäst ausbreitete, war also der Hauptverkehrsstraße abgewandt und recht ruhig.
pp 276 from Im Schatten der Zeit by Erika Pluhar

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Im verhangenen Licht des Nachmittags gehe ich, nachdem ich Ernst Fischer verlassen habe, zur Universität. In diesem undurchsichtigen Grau tragen die grauen Häuser von Wien einen Ausdruck der Trübsal, verschärft durch den Wind, der durch die kahlen Bäume pfeift, und die letzen geschwärzten Schneehaufen frösteln macht. Vielleicht ist dies der rechte Augenblick, in das schieferfarbene, trostlose Gebäude einzutreten, dessen Insassen, Studenten wie Professoren, in diesem letzen Jahrzehnt der Vernunft so übel dienten. Doch sobald ich die Stufen heraufgestiegen bin, habe ich keine Lust mehr weiter ins Innere zu dringen.
pp 103 from Rückkehr nach Wien by Hilde Spiel