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Die Stadt ohne Juden - pp 133-134
Die weiteren Ausführungen Habietniks gingen in einer seltsamen Unruhe verloren, die sich über das Haus verbreitete. Was war geschehen? Nun, man hatte endlich auf der rechten Seite des Hauses entdeckt, daß der Nationalrat Krötzl nicht anwesend war, und eine Katastrophenstimmung bemächtigte sich der Christlichsozialen und Großdeutschen. Sie hörten nicht einmal ihren eigenen Kontra-Redner an, die Diener wurden mit Automobilen ausgeschickt, um Krötzl aus seinem Bureau in der Inneren Stadt oder aus der Wohnung in der Billrothstraße zu holen.
Noch wäre vielleicht die Situation zu retten gewesen, wenn man die Geistesgegenwart gehabt hatte, den Kontra-Redner zu veranlassen, stundenlang bis zum Eintreffen Krötzls zu sprechen. Aber man hatte total den Kopf verloren, der christlichsoziale Redner, Herr Wurm, kürzte, als er die Unruhe bemerkte und seine Genossen verschwinden sah, seine Rede sogar ab, und schon war ein bürgerlicher Antrag auf Schluß der Debatte und Abkürzung der weiteren Redezeiten auf fünf Minuten mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Vergebens schrieen die überrumpelten Antisemiten Zeter und Mordio, der sozialistische Präsident waltete mit eiserner Energie seines Amtes, entzog jedem der wenigen schon vorgemerkten Redner nach fünf Minuten das Wort und unter enormer Spannung und allgemeiner Aufregung strömten die Abgeordneten wieder in den Saal, um bei der kommenden namentlichen Abstimmung anwesend zu sein.
Noch wäre vielleicht die Situation zu retten gewesen, wenn man die Geistesgegenwart gehabt hatte, den Kontra-Redner zu veranlassen, stundenlang bis zum Eintreffen Krötzls zu sprechen. Aber man hatte total den Kopf verloren, der christlichsoziale Redner, Herr Wurm, kürzte, als er die Unruhe bemerkte und seine Genossen verschwinden sah, seine Rede sogar ab, und schon war ein bürgerlicher Antrag auf Schluß der Debatte und Abkürzung der weiteren Redezeiten auf fünf Minuten mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Vergebens schrieen die überrumpelten Antisemiten Zeter und Mordio, der sozialistische Präsident waltete mit eiserner Energie seines Amtes, entzog jedem der wenigen schon vorgemerkten Redner nach fünf Minuten das Wort und unter enormer Spannung und allgemeiner Aufregung strömten die Abgeordneten wieder in den Saal, um bei der kommenden namentlichen Abstimmung anwesend zu sein.
Near fragment in time
Inmitten der Inneren Stadt ein Platz "Am Hof". Dort steht - natürlich - ein Bankgebäude. Eine eingemeißelte Steintafle neben dem schattigen Durchhaus verkündet: "An dieser Stelle stand ein Hof der Babenberger, Markgrafen und Herzoge, später für die herzogliche Münze verwendet. Das Haus wurde 1386 den Karmelitern übergeben, kam 1654 in den Besitz des Jesuitenordens und war, zum Kriegsgebäude umgebaut, 1775 - 1913 Sitz der Obersten Kriegsbehörde, zuletzt des Kriegsministeriums." Der "Hof" stand nicht nur im Mittelpunkt der Stadt, er steht im abstrakten Sinn auch im Mittelpunkt des Interesses. Hofnachrichten, das heißt über Mitglieder des kaiserlichen Hauses, sind noch in der Republik am liebsten angehört.
pp 120-121 from Wien by
Near fragment in space
Die junge Beamtin legte Anna schweigend einen schmalen Schnellhefter auf den Schreibtisch, als die Türe schwungvoll aufgestoßen wurde und ein uniformierter Beamter eine große Styroporbox ins Zimmer trug. »Habt ihr was zu essen bestellt?« Tatsächlich sah der Behälter aus wie eine Lieferung von Essen auf Rädern. Kolonja öffnete eilig den Deckel und ließ ihn mit einem Schrei auf den Boden fallen. »Pfui, das ist ja grauslich.« Anna ahnte schon, was in der Kiste war, und konnte sich das Lachen kaum verkneifen. »Herr Motzko, Sie sind doch hier das Kind vom Land, ich glaub, das ist was für Sie.« Motzko griff in die Box und zog ein durchsichtiges Plastiksackerl heraus. Die große Tigerkatze, die vor ein paar Tagen noch Bachmüllers Einrichtung aufgepeppt hatte, sah bereits ziemlich mitgenommen aus. Erde verklebte das stumpfe Fell, die Zunge hing geschwollen aus dem offenen Maul. »Was machen wir damit?« Kolonja war blass um die Nase und leerte sein Wasserglas in einem Zug. »Obduzieren, was sonst?« »Und was soll das bringen?« »Wir finden raus, ob ihr jemand Kokain verabreicht hat.« »Wie kommst du denn darauf?« »Ich weiß auch nicht, ist einfach so ein Gefühl. Ist doch komisch, dass seine Katze einen Tag nach ihm stirbt, oder?« »Die Obduktion kriegst du nicht genehmigt.« »Keine Sorgen, ich bring sie eh nicht zum Schima, ich geh den kleinen Amtsweg, lass mich nur machen. Motzko, packen Sie das Vieh wieder ein und stellen Sie die Schachtel in den Kühlschrank.« »Das ist ja so was von unappetitlich.« Kolonja verließ das Büro, nicht ohne die Tür geräuschvoll zuzuschlagen. Den Rest des Nachmittags verbrachten sie an ihren Schreibtischen. Anna jagte den Namen Freddy Bachmüller erneut durch sämtliche Datenbanken, musste sich aber rasch eingestehen, dass Gabi Kratochwil sehr sauber gearbeitet hatte. Für den frühen Abend verabredete sie sich mit einer alten Freundin, die eine Tierklinik in der Peter-Jordan-Straße betrieb. Und wenn Elisabeth überrascht war, dass Anna ihr eine Katze zum Obduzieren vorbeibringen wollte, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken. Kurz bevor Anna das Büro verließ, rief sie noch einmal Bernhardt auf seinem Mobiltelefon an, erreichte aber nur die Mobilbox. »Hallo. Ich bin’s. Was Neues? Sag mal, gibt es eigentlich schon irgendeine Spur bezüglich dieser Sabine Hansen? Das kann doch nicht so schwierig sein. Melde dich bitte.«
pp 227-229 from Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien by
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