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Der Kampf um Wien - pp 0

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Im Trubel der Geschehnisse hatte Ralph den Vorsatz, sich für diese »Bereitschaft« zu interessieren, vergessen. Jetzt aber, losgelöst von hundert überflüssigen gesellschaftlichen Pflichten, in der Isoliertheit eines Menschen, der aufgehört hat, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, kam ihm die Erinnerung an den Aufsatz des A. P., der ihn damals so tief ergriffen hatte. Und er begab sich eines Tages ins Café Central und frug seinen Freund Kriegel, der mit stoischer Ruhe der ersten Aufführung seiner Judastragödie entgegensah, ob er Näheres über die »Bereitschaft« wisse.
Dr. Kriegel hob wortlos seinen schweren Oberkörper aus dem bequemen Lehnsessel, zog die Pfeife aus dem Munde, so daß das Lächeln, das die letzten Worte des Amerikaners begleitet hatte, noch deutlicher wurde, entschuldigte sich für einige Augenblicke und ging ans Telephon.
»18766 ...Hallo! Hier Kriegel! Lieber Freund, Sie müssen sofort ins Café Central kommen. Es handelt sich um die ›Bereitschaft‹. Ich erwarte Sie.«
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Die weiteren Ausführungen Habietniks gingen in einer seltsamen Unruhe verloren, die sich über das Haus verbreitete. Was war geschehen? Nun, man hatte endlich auf der rechten Seite des Hauses entdeckt, daß der Nationalrat Krötzl nicht anwesend war, und eine Katastrophenstimmung bemächtigte sich der Christlichsozialen und Großdeutschen. Sie hörten nicht einmal ihren eigenen Kontra-Redner an, die Diener wurden mit Automobilen ausgeschickt, um Krötzl aus seinem Bureau in der Inneren Stadt oder aus der Wohnung in der Billrothstraße zu holen.
Noch wäre vielleicht die Situation zu retten gewesen, wenn man die Geistesgegenwart gehabt hatte, den Kontra-Redner zu veranlassen, stundenlang bis zum Eintreffen Krötzls zu sprechen. Aber man hatte total den Kopf verloren, der christlichsoziale Redner, Herr Wurm, kürzte, als er die Unruhe bemerkte und seine Genossen verschwinden sah, seine Rede sogar ab, und schon war ein bürgerlicher Antrag auf Schluß der Debatte und Abkürzung der weiteren Redezeiten auf fünf Minuten mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
Vergebens schrieen die überrumpelten Antisemiten Zeter und Mordio, der sozialistische Präsident waltete mit eiserner Energie seines Amtes, entzog jedem der wenigen schon vorgemerkten Redner nach fünf Minuten das Wort und unter enormer Spannung und allgemeiner Aufregung strömten die Abgeordneten wieder in den Saal, um bei der kommenden namentlichen Abstimmung anwesend zu sein.
pp 133-134 from Die Stadt ohne Juden by Hugo Bettauer

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Wenn ich mich an schlechten Tagen gut fühlen wollte, vor allem wenn ich von Tamaras ziellosen Tiraden entnervt war, ging ich in der Dämmerung die Herrengasse entlang, mit halb geschlossenen Augen. Ich sog den Geruch der Fiaker ein, konzentrierte mich auf das Klappern der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster. Vorbei an der Konditorei Café Central, mit den Pralinen und den Torten in der Auslage. Vorbei an den Fenstern des Cafés selbst, hinter denen das Licht golden leuchtete.
Ich stellte mir vor, ich würde einen Wintermantel tragen, mit Stickereien und einem Pelzbesatz. Aus unechtem Pelz natürlich, der politischen Einstellung wegen. Meine Schuhe würden auf dem Pflaster klappern wie Pferdehufe, mein teures Parfüm würde mich wie eine feine Aura umgeben. Eine der Wohnungen im zweiten Stock wäre meine. 3,60 Meter hoher Altbau und an den Sonnentagen lichtdurchflutet. Ob ich glücklich wäre? In einer vorbeifahrenden Kutsche kreischten Kinder und winkten mir zu. Ein Stück vom Glück, dachte ich dann, nichts als ein Stück vom Glück. Die glänzenden Dinge des Lebens.
pp 150-151 from Chucks by Cornelia Travnicek