Jessica, 30
... Alles wird gut, ich muss nur die Prater Hauptallee hinauf- und hinunterrennen und dann ist wieder alles gut, dann kann ich das Schokoeis von heute Nacht und das Essen von Weihnachten vergessen und dass ich nicht geschlafen habe, wegen dem Gerhard, obwohl ich das gar nicht will und es gar keinen Grund gibt, den so ernst zu nehmen, aber beim Laufen dann, dann brauche ich an nichts zu denken, und bei der Kälte vergeht einem auch noch jeder Wunsch, ich möchte nicht, eigentlich möchte ich gar nicht, überhaupt nicht, ich möchte in der Badewanne liegen und warmes Wasser um die Haut und nur daliegen und nicht bewegen, bewegen nur, wenn das Wasser schaukelt und warm und nicht aus dem Auto in diese Kälte hinaus
(...)
die Frau da, die ist mindestens 50, die wäre dir schon längst davongelaufen, aber die trainiert für Marathon, das ist ja dann doch übertrieben, so schlimm ist die Cellulitis dann auch noch nicht und die Mama hat überhaupt keine, woher habe ich das geerbt, und es geht überhaupt nicht, es geht überhaupt überhaupt nicht, diese Beine, die werden ja immer schwerer und so kenne ich das nicht, das muss die Kälte sein, ich kann die Beine nicht einmal heben, die schleifen ja hinter mir her und diese klebrige Kälte unter den Rippen, das geht nicht, das geht so nicht, das kann so nicht gehen, ich muss aufhören, Issi, das solltest du nicht weitermachen, das fühlt sich, das fühlt sich gefährlich an, ich laufe nur noch bis zum Kinderspielplatz und dann drehe ich um,
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ich spüre es nachher, wenn ich nicht auf dem weichen Boden gelaufen bin, aber dieses Einbrechen, dieses kleine Einbrechen bei jedem Schritt durch die gefrorene obere Schneeschicht, das ist anstrengend, das macht richtig langsam, aber die Kälte aus den Lungen ist weg und in den Handschuhen ist es gleich zu heiß, wenn es nicht so langweilig wäre, aber bis zur Autobahn wird es Schon gehen, der Schal hält ja jetzt einmal, weitervorbeugen, nicht die Schultern so zurück, die Schultern runder und den Kopf beugen, nicht so aufrecht gegen das Laufen, die Luft durchschneiden, wie schwimmen, und das geht ja,
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dieser Jogger kommt mir schon wieder entgegen, ist der jetzt die ganze Allee gelaufen oder hat der früher umgedreht, der kann doch nicht 4 Kilometer so schnell gelaufen sein, das ist unmöglich und ich muss zu denken aufhören, ich komme sofort aus dem Rhythmus und es wird gleich wieder schwierig, lauf weiter, Issilein, tu mir die Liebe, lauf weiter, nicht einmal ein paar Schritte gehen, dann ist es gleich ganz sinnlos und wenigstens bis zur Meiereistraße solltest du kommen, das sind dann nur 2 Kilometer und 100 Meter, aber bei dem Wetter wird es reichen und danach wirst du dankbar sein und bei der Besprechung mit der Claudia gut aussehen, die Augen werden dann wieder vollkommen klar und die Flasche Wein nicht mehr zu sehen, das mit dem Trinken sollte ich wirklich nicht tun, es genügt Maple Walnut,
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Frau Somner, laufen, unter der Autobahn durch, da ist besonders weicher Boden, da ist Sandboden und wenn schon gehen, dann wenn Asphalt kommt, und die Luft ist hier auch nicht schlechter, der Wind verbläst die Abgase, hoffentlich, unter der Autobahn durchjoggen, das ist ja sowieso pervers, aber man merkt sie nicht, irgendwie sind die Bäume wichtiger, die Kastanien fangen das alles ab, die Geräusche und den Blick und weiter, meine Liebe, weiter, jetzt ist es nur noch 1 Kilometer, das schaffst du noch, noch einmal überwinden und dann ist es gut und das laufe ich jetzt doch auf der Straße, das ist richtig eine Befreiung, dieses Eisschneelaufen, das geht ja richtig schnell jetzt, dagegen,
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und jetzt noch wenigstens bis zur Eisenbahnbrücke, einfach weiter, es macht nichts, langsam ist ohnehin gesünder, und nicht auf die Uhr schauen, da bleibst du stehen und der Kerl muss an mir vorbei, muss so knapp vorbeilaufen, damit ich ja merke, wie schnell er ist, wie fit, der keucht ja nicht einmal, ich pfeife richtig, beim Ausatmen, aber darum kannst du dich jetzt auch nicht kümmern, die Eisenbahnbrücke und dann nur noch bis zum Auto, obwohl, es wäre schon besser noch ein Stück weiter, wenigstens bis zu Maria im Grün, und zurück zum Lusthaus, dann wären es wenigstens 40 Minuten, und nachher geht es dir richtig gut, und du darfst richtig essen, eine richtig große Nudelportion, mit Weißbrot, oder besser doch nicht und ein Salat wäre besser, bis zur Kirche laufen und einen Salat essen, das wäre das Beste, dann würde der Hosenbund nicht einschneiden und ich würde mich sicherer fühlen,
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(...) ich gehe erst um 9 Uhr aus, da kann man immer sagen, dass man schon gegessen hat, aber dann landen wir im Engländer und ich esse doch wieder ein Schnitzel, ich darf den Tag über nichts essen für meine Diätsünden in der Nacht, (...)
(...) und die Jungen, die sind ja außer Rand und Band vor Ehrgeiz, waren wir das auch, wir waren relaxter, da hat alles angefangen, wir waren auf den ersten clubbings, in den Sofien-Sälen, das ist lustig, bei etwas mitmachen, das gerade anfängt, aber was fängt jetzt gerade an, ich muss in die Arena, zu diesem fm4-Geburtstag, schauen, was die da machen, aber wahrscheinlich sind da die Gymnasiasten, wahrscheinlich ist da die ganze Pickelpartie und The Cure und Nirvana in einer dancefloorhiphopfusion-Version, so, aber jetzt machen wir wirklich weiter, das ist eine Trödelei und es wird ja ohnehin dauern, bis ich einen Parkplatz gefunden habe, (...)
(...) und ich muss eine Fußmatte besorgen, meine Wohnungstür schaut nackt aus, richtig nackt und verloren, im Palais Ferstl, da gibt es so bunte Fußmatten, mit Palmen und so, so eine muss ich besorgen, dann wird meine Wohnungstür die anderen Fußmatten überholen, welcome und Pandabären, (...)
(...) und ich schlafe jetzt wirklich gleich, die 20 Minuten, die sind doch um, nein, noch nicht ganz, aber in 20 Minuten bekommt man kein take out in Wien, auch wenn man vorher anruft, eine halbe Stunde muss man da rechnen, und etwas Süßes wäre gut, aber da gibt es überhaupt nur den Zanoni am Lugeck, und der macht um Mitternacht zu, glaube ich, oder hat er bis 1 offen, aber das wäre auch schon zu spät (...)
(...) und wie ist der dazu gekommen, mir das wiederum zu erklären, wie kommen Leute überhaupt dazu, einen immer unterrichten zu wollen, immer kleine Lektionen, unbestellte Erwachsenenbildung, im Hawelka, das mampfen sie Buchteln und erklären einem die Welt (...)
(...) warum dieser Flughafen so hässlich sein muss, was das soll, dieser Riss auf der Fassade, dieser blaue Riss, und das hätten sie gern, warum ist da dieser blaue Riss in der Fassade, das ist doch wirklich ein Supermissverständnis von Dekonstruktion, einen Riss auf etwas zeichnen, das hätten sie gerne, dass das reicht, ganz offensichtlich reicht das, im Gegenteil, das ist genau das Richtige, den Zeitgeist außen draufschmieren und drinnen lassen wir alles so, wie es immer war, aber dieser Flughafen, der wächst auch wie ein Schwamm, wie so ein Betonschwamm und wäscht über die Felder drüber, ob man das nicht anders machen kann, konzentrierter, geplanter, ich meine, ich will ja, fliegen, aber muss deshalb gleich die ganze Ebene mit Asphalt überzogen werden und die Betonbaracken bis in die Slowakei reichen, aber diese Unplanung, das ist alles geplant, es soll keinen schönen Ort mehr geben, und wenn das jetzt schief geht, mit diesem Krieg und dem Öl, und wenn keiner mehr fliegen kann, und all diese Gebäude sind jetzt schon hässlich, als Ruine wird das superätzend (...)
(...) ich werde meine Geschichte kriegen und dann fange ich ein neues Leben an, dann überlege ich mir alles in Ruhe, wie ich das weitermachen werde, wie das weitergehen soll, jetzt einmal bleibe ich in der Gumpendorfer Straße, und es muss wegen der Richard-Wagner-Straße sein, dass ich mich in einem Altbau so wohl fühle, am Karmelitermarkt, das ist doch wirklich eine schöne Wohnung, mit dem Ausblick, und so hell, aber ich habe da nie irgendetwas gemacht, das war wie eine Bühne, und wenn jemand zugschaut hätte, dann hätte ich etwas getan, in der Gumpendorfer Straße, da ziehe ich mich nicht einmal ordentlich an, wenn ich zu Hause bleibe, ich werde da verkommen, aber ich habe da viel mehr Lust etwas zu tun, und wenn es nur dieses Scheiß-call-center ist, in der Gumpendorfer Straße komme ich mir jünger vor, oder ist das wegen dem Naschmarkt und weil ich jetzt jeden Tag ins Naschmarkt- Café gehen kann und irgendwohin gehöre, bin ich doch nur eine Provinzlerin, die Anschluss braucht, habe ich so ein Kleinstadtsyndrom (...)
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