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Im Schatten der Zeit - pp 282
Man fuhr von Floridsdorf aus „in die Stadt“. So hieß das, wenn man irgend jemand oder irgend etwas jenseits der Donau aufsuchte. Oft saß Anna in der Straßenbahn, die über die große Brücke fuhr, sah den Kahlenberg und Leopoldsberg, und mit der Zeit liebte sie diesen Blick. Den schimmernden Fluss und die Linie der Hügel dahinter.
Near fragment in time
Als ich das Cafe Hummel betrete, sitzt Manuel schon an unserem Platz. Er scheint mich nicht zu bemerken. Sieht zur Straßenbahnhaltestelle hinaus. Seine Stirn in Falten gelegt. Im Hintergrund leuchtet das "M" des gegenüberliegenden McDonald´s-Restaurants über seinem Kopf.
pp 118 from Gegen einsam by
Near fragment in space
In der Früh, wenn der Bäcker müde wird, starten die Bobos ihre Minis und Saabs und Smarts und fahren in ihre kleine Galerie in der Schleifmühlgasse, ins Funkhaus in der Argentinierstraße, in das vegane Naschmarktlokal. Dann wacht der Sandler auf, der an geraden Tagen auf der Bank unter der linken Platane schläft, an ungeraden auf der Bank unter der rechten.
Und vormittags, wenn der Bäcker schläft, nicht vor zehn, fährt der Musik-Kabarettist Muckenstrunz auf seinem Kinderklappfahrrad quer über das Pflaster. Und nie hat und nie wird ihm jemand einen Vorwurf machen, denn der Musik-Kabarettist Muckenstrunz ist klitzeklein und fährt auf seinem Kinderfahrrad ausschließlich auf den Gehsteigen, alles andere wäre nicht richtig, hier fast neben dem Fluss, nach dem, die Stadt benannt ist.
Zu Mittag kommen die türkischen Schulkinder, sie sind schlimm und unartig und fechten mit zotigen turkmenischen Vokabeln, dann die Frau mit den drei kläffenden Hunden, und abends, wenn nur mehr die aufgebohrten Mopeds durchs Viertel glühen, kommen die Nigerianer, um in der Wertkartentelefonzelle vor dem Hahzeh-Strache-Plakat nach Hause zu telefonieren. Ein beschaulicher Platz, der Hugo-Wiener-Platz gegenüber von meinem französischen Atelierfenster.
Heute ist es heiß, das Aggregat der ewigen Baustelle im Übernachbarshaus, links vom französischen Atelierfenster, in dem ich wohne, das elende Aggregat fährt permanent 60. Wenn ich sage, es fährt permanent 60, dann meine ich damit das Geräusch, das ein Motor macht, wenn man im zweiten Gang, einen Sechziger am Tacho, die Höhenstraße hinauffährt. Mit einem Bus kann man das. Der Busfahrer meines Übernachbarhausaggregats, ein Pole, ein Mazedonier, ein Banjalukaner, ein Kosovare, ein Istrier, ein Moldawier, Slawonier oder sonst ein von der bobovilleansässigen Eigentumswohnungsherrichtungsmafia Ausgebeuteter, fährt seit Tagen im dritten Gang die Höhenstraße rauf. Nie wird er dort ankommen, nie ein flammendes Hunnenschwert essen im Leopoldsbergrestaurant, nie in Kritzendorf ins Strombad springen. Nein, der Mazedonier, Banjalukaner, Kosovare, Istrier, Moldawier, Slawonier spritzt Feinputz an zukünftige Bobo-Eigentumswohnungswände. Ungekaufte. Ausbeuterisch errichtete. Seine zukünftigen Nachbarn, noch weiß es der Bobo nicht, der hier einst wohnen wird, verbringen ihre Sommernachmittagspausen unter den Platanen, in der ehemaligen polnischen Pizzeria.
pp 28-29 from Boboville by
Und vormittags, wenn der Bäcker schläft, nicht vor zehn, fährt der Musik-Kabarettist Muckenstrunz auf seinem Kinderklappfahrrad quer über das Pflaster. Und nie hat und nie wird ihm jemand einen Vorwurf machen, denn der Musik-Kabarettist Muckenstrunz ist klitzeklein und fährt auf seinem Kinderfahrrad ausschließlich auf den Gehsteigen, alles andere wäre nicht richtig, hier fast neben dem Fluss, nach dem, die Stadt benannt ist.
Zu Mittag kommen die türkischen Schulkinder, sie sind schlimm und unartig und fechten mit zotigen turkmenischen Vokabeln, dann die Frau mit den drei kläffenden Hunden, und abends, wenn nur mehr die aufgebohrten Mopeds durchs Viertel glühen, kommen die Nigerianer, um in der Wertkartentelefonzelle vor dem Hahzeh-Strache-Plakat nach Hause zu telefonieren. Ein beschaulicher Platz, der Hugo-Wiener-Platz gegenüber von meinem französischen Atelierfenster.
Heute ist es heiß, das Aggregat der ewigen Baustelle im Übernachbarshaus, links vom französischen Atelierfenster, in dem ich wohne, das elende Aggregat fährt permanent 60. Wenn ich sage, es fährt permanent 60, dann meine ich damit das Geräusch, das ein Motor macht, wenn man im zweiten Gang, einen Sechziger am Tacho, die Höhenstraße hinauffährt. Mit einem Bus kann man das. Der Busfahrer meines Übernachbarhausaggregats, ein Pole, ein Mazedonier, ein Banjalukaner, ein Kosovare, ein Istrier, ein Moldawier, Slawonier oder sonst ein von der bobovilleansässigen Eigentumswohnungsherrichtungsmafia Ausgebeuteter, fährt seit Tagen im dritten Gang die Höhenstraße rauf. Nie wird er dort ankommen, nie ein flammendes Hunnenschwert essen im Leopoldsbergrestaurant, nie in Kritzendorf ins Strombad springen. Nein, der Mazedonier, Banjalukaner, Kosovare, Istrier, Moldawier, Slawonier spritzt Feinputz an zukünftige Bobo-Eigentumswohnungswände. Ungekaufte. Ausbeuterisch errichtete. Seine zukünftigen Nachbarn, noch weiß es der Bobo nicht, der hier einst wohnen wird, verbringen ihre Sommernachmittagspausen unter den Platanen, in der ehemaligen polnischen Pizzeria.