« Back to Im Schatten der Zeit
Im Schatten der Zeit - pp 282
Man fuhr von Floridsdorf aus „in die Stadt“. So hieß das, wenn man irgend jemand oder irgend etwas jenseits der Donau aufsuchte. Oft saß Anna in der Straßenbahn, die über die große Brücke fuhr, sah den Kahlenberg und Leopoldsberg, und mit der Zeit liebte sie diesen Blick. Den schimmernden Fluss und die Linie der Hügel dahinter.
Near fragment in time
Die Wut der Hilflosen lässt mich laufen. Die Lichter der vorbeifahrenden Autos treffen meine Augen. Ich will nicht glauben, dass das hier dieselbe Stadt ist, in der Paul in einem Krankenhaus liegt und stirbt. Hinter der Musik versteckt, aber noch hörbar, schlagen die Schlüssel in meiner Hosentasche aneinander. Wenn ich die linke Schulter vorschiebe, spannen die Kabel der Kopfhörer über meine Brust. Ich strecke mich, und meine Schritte werden länger. Eine andere Läuferin überholt mich. Ich sehe die Straßenbahn in den Kreisverkehr am Gaußplatz einfahren. Die Tore zum Augarten stehen offen, und die Dunkelheit, die zwischen Bäumen wohnt, strömt heraus. Auf den Schildern an den Toren sind die Öffnungszeiten gut lesbar, der Park müsste längst geschlossen sein. Zwei Jugendliche auf Fahrrädern kommen mir entgegen, ich muss an früher denken, an die Nächte im Park, es scheint mir, als hätten sie unter anderen Sternbildern stattgefunden. Die Straße wird breiter, als ich um die Ecke biege, die Gebäude gepflegter. Ich spüre die Temperatur der Luft nicht mehr. Ich lasse das Schild des Wiener Tourismusvereins hinter mir, laufe auf das der Wiener Sängerknaben zu, das mir, blau leuchtend, eine Boje sein will. Mit jedem Schritt fühle ich mich noch schneller, leichter. Die zweite Ecke. Die Häuser sind hier schmaler, eine Wohnstraße. Ich bin nie gerne gelaufen. Geradeaus, einfach geradeaus, bis da linker Hand die Außenmauer das Parks ist, an die ich mich halten kann. Ich finde in mir kein Bedürfnis aufzuhören. Vorbei an der Augarten Contemporary. Eine Mutter mit einem Kleinkind in einem Kinderwagen bleibt stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. Meine Atemzüge werden tiefer. Der Asphalt ist hier nass, der Park feucht, Modergeruch. Vorbei am Nordpol. Zwei Typen, die mir nachrufen. Die nächsten Meter steigt mir der Geruch von Gras in die Nase, süß und herb zugleich. Ich kann den Washpoint schon erkennen, da ist die Batterie meines MP3-Players leer. Mit einem Mal höre ich meine eigenen Atemzüge, ein tiefer, kehliger Laut, mit dem ich die Luft ausstoße, und ein Seufzen, mit dem ich sie wieder einziehe. Ich werde schneller. Mein Atem klingt nach Sex. Schneller. Ich höre mir zu, das Licht kommt näher. Meine Füße federn. In mir ist Glück, das mit jedem Luftholen wächst, ich will lachen, da ist eine Freude, ein Wille zum Leben, zu diesem Leben, ich verspüre plötzlich Scham.
Die Ampel schaltet auf Rot um, und ich muss anhalten.
pp 181-182 from Chucks by
Die Ampel schaltet auf Rot um, und ich muss anhalten.
Near fragment in space
Vor der Millennium-City hielt er nicht an, sondern fuhr direkt in das Gebäude ein. Im Schritttempo ging es vorbei an den Boutiquen, dem Buchladen, dem Juwelier, dem Drogeriemarkt, den Cafés und Restaurants. Wie an einem normalen Arbeitstag war alles offen. Er verzichtete darauf zu hupen.
Bei den Imbißständen und Snackbars fiel ihm aus, wie gründlich zusammengeräumt sie waren.
pp 74- from Die Arbeit der Nacht by
Bei den Imbißständen und Snackbars fiel ihm aus, wie gründlich zusammengeräumt sie waren.