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Die Klavierspielerin - pp 256

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"Ein giftiger Liebeszwerg, streift er durch diesen nächtlichen Erholungsraum, der eigentlich nur für den Tag gedacht ist, um sich an unschuldigen Tieren abzureagieren. Er sucth einen Wrufstein, findet jedoch nichts dergleichen. Er hebt einen kurzen Prügel auf, der von einem Baum abgefallen ist, doch das Holz ist morsch und leicht. Da eine Frau etwas Grausames von ihm gefordert hat, der ihr Liebe anbot, muß er sich fleißig bücken, um seine bessere Waffe als morsches Holz zu suchen. Da er der Frau nicht Herr werden konnte, muß er jetzt den Rücken krumm machen und unermüdlich Holz sammeln. Mit diesem Stöckchen lacht ihn der Flamingo aus. Es ist kein Prügel, es ist ein dürres Ästchen. Klemmer, der keine Erfahrung hat, aber Neues erleben möchte, kann sich nicht vorstellen, wo Vögel nächstens ruhen, um ihren Peinigern zu entgehen. Vielleicht haben sie eine eigene Hütte für sich allein! Hinter Rowdies, die viele Vögel schon erschlagen haben, will Klemmer keinesfalls zurückstehen. Er wittert Wasser, das ihm vertraute Element, nun schon stärker. Dort hält sich, wie in den Zeitungen beschrieben, die rosafarbene Beute irgendwo auf. Verschiedenes rauscht im Wind und hört nicht mehr auf damit. Helle Wegschlagen winden sich herum. Da er nun einmal so weit vorgedrungen ist, würde Klemmer sogar mit einem Schwan vorlieb nehmen, einem Tier, das sich leichter ersetzten läßt. An diesem Gedanken liest Klemmer ab, wie nötig er schon ein Ventil für seinen überkochenden Zorn braucht. Ruhen die Vögel untätig auf dem Wasser, wird er sie anlocken. Ruhen sie am Ufer still, muß er sich nicht nass machen.
Anstatt der Vogelrufe hört man nur ferne Autos in stetigem Strom dröhnen. So spät noch unterwegs? Bis hierher verfolgt die Stadt mir ihrem Lärm den Erholungssuchenden, bis in die städtischen Grünzonen, diese Lungen Wiens."
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  Stadtpark

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Sie trafen sich an jedem zweiten Dienstag im Monat um Punkt fünf Uhr nachmittags im Café Central - es sei denn, dieser Dienstag wäre auf einen christlichen oder jüdischen Feiertag gefallen: dann wurde das Treffen eben am darauffolgenden Donnerstag nachgeholt. Sie trafen sich, um Tarock zu spielen (wenn sie einen vierten Mann dafür fanden, denn sie spielten grundsätzlich nur zu viert) oder um gemeinsam über philosophische Fragen zu brüten. "Entweder tarockieren oder philosophieren", lautete ihr Wahlspruch, "am End' is' eh alles wurscht." Passten sie eigentlich ins Café Central, hätte man sie ohne Weiteres hier vermutet? Diese Frage dürfen wir getrost verneinen. Das Café Central liegt, wie wir aus berufenem Munde wissen, "unterm Wienerischen Breitengrad am Meridian der Einsamkeit"; genauer gesagt befindet es sich - und das schon seit Generationen - im Innenhof des Palais Ferstel und sieht für ein Wiener Etablissement verdächtig orientalisch aus: Kreuzbögen, hohe Säulen, viele Ornamente, viel Gold, überhaupt sehr bunt, rote runde Marmortische - der Kenner hätte das Café Central exakt 243 Straßenkilometer weiter östlich platziert, also eher im schönen Budapest als hier in der Reichshauptstadt.
pp 129 from Der Komet by Hannes Stein

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"Komm, Anni!" rief sie, "mach nicht schon wieder deine tragischen Kuhaugen, holen wir uns lieber beim Hübner ein Schinkensemmerl!" Und dann saßen zwei strahlend junge Frauen auf einer Bank im Stadtpark, die seidenbestrumpften Beine übereinandergeschlagen, ihre Brötchen mampfend und dazwischen immer wieder in Lachen ausbrechen.
pp 59 from Im Schatten der Zeit by Erika Pluhar