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Die Kapuzinergruft - pp 132

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"Wir waren, kaum daß wir es wußten, am Franz-Josephs-Kai angelangt. Ohne daß wir es wußten, gingen wir über die Augartenbrücke. Es schneite immer noch, faul und hässlich, und wir sprachen kein Wort. Ein winziges Sternlicht leuchtete uns von einem Haus in der Unteren Augartenstraße entgegen. Wir wußten beide, was der Stern ankündigen wollte. Wir gingen ihm entgegen. Wir wußten beide, was der Stern ankündigen wollte. Wir gingen ihm entgegen."
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Und die Wohnung hab ich gesehn, auf mein Wort, irgendwo in Döbling, in der Nähe des Kuglerparks oder des Wertheimsteinparks, damit die Kinder immer frische Luft haben, ich war direkt drin in dieser anheimelnden Wohnung, die du dem Weib eingerichtet hast, und ich hab so manche Kleinigkeit wiedergefunden, die ich vermisse, und deine Kinder hab ich auch gesehn, richtig, es waren drei, so halbwüchsige Bankerte, widerliche, und sie sind um dich herumgesprungen und haben dich manchmal „Onkel“ genannt und manchmal ganz schamlos „Papa“ und du hast sie ihre Schulaufgaben abgehört und das Kleinste ist auf dir herumgeklettert, denn du warst ein glücklicher Papa, wie er im Buch steht.
pp 53 from Eine blaßblaue Frauenschrift by Franz Werfel

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Es gab auch bessere Zeiten. Es gab auch gute Zeiten in Wien; im Sommer, vor allem, sind die Zeiten meist gut.

Zum Beispiel:
Wenn ein Abend anfängt, auf den man sich gefreut hat, weil etwas Schönes passieren könnte zur Abwechslung. Weil man vielleicht an einem so schönen Abend jemanden treffen könnte am Donaukanal, draußen auf den Holzbänken oder drinnen im Club, wo man wirklich tanzen möchte, weil die Musik heute gut ist, nicht nur, weil man sich bewegen muss, weil Alkohol oder Hormone oder sonst was einen zwingen, nein, die Musik ist gut. Man hat seine Freunde dabei und eine Freude! und man springt mit ihnen um die Wette, spring höher, komm, das kannst du besser, und man springt höher als alle anderen und gewinnt ein Soda, das aber ohnehin gratis ist. Man versteht den Text nicht, macht aber nichts, man kann trotzdem mitsingen, mitbrüllen sogar, und bald wird einem heiß, man schwitzt so sehr, dass man sich seinen Preis an der Bar holt und damit hinaus muss, wo jemand sitzt, den man den ganzen Abend gesucht hat; wenn auch nur nebenbei, unbemerkt, wie man glaubt.
Man kann auf der Kanalmauer sitzen, auf das schwarze Wasser schauen und ein, zwei romantische Sekunden erleben.
Denn dann kommen die Ratten und zerstören die Stimmung, oder die blöde Sonne, alte Spielverderberin, ist schon wieder da und ruft: Geht, geht endlich nach Hause! Man gehorcht ihr und bricht auf, macht sich auf den Weg zum einen oder anderen, Arm in Arm, sich stützend oder verliebt, das kann man oft nicht genau sagen.
pp 55-56 from Verlass die Stadt by Christina Maria Landerl