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Herrn Kukas Empfehlungen - pp 69-70
Als ich im Prater war, fuhr ich eine Runde mit dem Riesenrad, um endlich Wien auch mal von oben zu sehen. Dabei stieg ich versehentlich in eine Gondel ein, die voll mit einer italienischen Familie war. Sie hielten mich aus einem unerfindlichen Grund für einen Russen. Sie waren auch felsenfest überzeugt, daß alle Russen verrückt nach Schokoriegeln sind. Sie mußten wohl zu Hause eine Schokoriegelfabrik haben, denn es wurde mir jede zweite Minute ein Schokoriegel zugeschoben. Zum Schluß, nachdem mir jedes Mitglied der Familie seinen Schokoriegel aufgezwungen hatte, kam noch ganz diskret die italienische Großmutter zu mir und drückte mir mit leuchtenden Augen einen steinharten Schokoriegel von der Größe einer Hantel in die Hand. Wegen dieser ganzen Schokoriegelgeschichte kam niemand von uns dazu, sich Wien anzusehen. Als wir wieder unten waren, mußten sich die Italiener noch eine Fahrt kaufen und wollten mich gleich mit einladen.
Near fragment in time
Leider mußte ich jedoch im Café Central feststellen, daß mein Freund nicht allein dort war. Er saß vielmehr im Kreis seiner jüdischen Literatenclique, die inzwischen unter der Bezeichnung "Jung Wien" zu einiger Berühmtheit gekommen war. Mir blieb also nichts weiter übrig, als mich geduldig dazuzusetzen und für eine Weile das Künstlergeschwätz dieser Leute zu ertragen.
pp 23-24 from Der Walzer der gefallenen Engel by
Near fragment in space
"Jetzt weicht Fräulein Kohut einem frech nach ihr tappenden Jugoslawen aus, der ihr eine defekte Kaffeemaschine und seine fernere Begleitung zumutet. Er muß nur noch zusammenpacken. Erika steigt, den Kopf gezielt abwendend, über etwas unsichtbares hinweg und zielt auf die Praterauen ab, in denen der einzelne sich rasch verliert. Sie allerdings strebt keinen Verlust ihrer Person an, sondern eher: Gewinn. Und - angenommen, sie verlöre sich - ihre Mutter, deren Besitzstand sie seit ihrer Geburt mehrt, würde sofort ihre Ansprüche anmelden gehen. Dann suchte das ganze Land nach ihr, mit Presse, Rundfunk und Fernsehen. Etwas zieht Erika saugend in diese Landschaft hinein, und nicht zum ersten Mal heute. Sie war schon öfter hier. Sie kennt sich aus. Die Menschenmeng dünnt aus. Sie zerfließt an ihren Rändern, die einzelnen Individuen streben auseinander gleich Ameisen, von denen jede eine bestimmte Aufgabe in ihrem Staat übernommen hat. Nach einer Stunde präsentiert das Tier dann stolz ein Stück Obst oder Aas.
Eben haben sich an den Haltestellen noch Menschentrauben, Gruppen und Inseln zusammengeballt, um irgendwo gemeinsam hinzustürzen, und nun, da es, von Erika gut berechnet, rasch dunkel wird, erlöschen auch die Lichter menschlicher Anwesenheit. Um die künstlichen Lichter der Lampen hingegen ballt es sich immer mehr zusammen. Hier, im Abseits, befinden sich übergangslos nur mehr jene, die beruflich hier sein müssen. Oder die ihrem Hobby, dem Vögeln oder eventuell dem Berauben und Töten der von ihnen gevögelten Person nachgehen. Manche schauen auch nur ruhig zu. Ein kleiner Rest entblößt sich gezielt bei der Station der Liliputbahn."
pp 138-139 from Die Klavierspielerin by
Eben haben sich an den Haltestellen noch Menschentrauben, Gruppen und Inseln zusammengeballt, um irgendwo gemeinsam hinzustürzen, und nun, da es, von Erika gut berechnet, rasch dunkel wird, erlöschen auch die Lichter menschlicher Anwesenheit. Um die künstlichen Lichter der Lampen hingegen ballt es sich immer mehr zusammen. Hier, im Abseits, befinden sich übergangslos nur mehr jene, die beruflich hier sein müssen. Oder die ihrem Hobby, dem Vögeln oder eventuell dem Berauben und Töten der von ihnen gevögelten Person nachgehen. Manche schauen auch nur ruhig zu. Ein kleiner Rest entblößt sich gezielt bei der Station der Liliputbahn."