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Das Vaterspiel - pp 202

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Was ist denn das?, sagte Brigitte. Es wird ja heute viel zu früh dunkel.
Sie hatte Recht. Es war gerade erst halb acht, aber es war innerhalb von ein paar Minuten dunkel geworden. Brigitte holte Kerzenleuchter. Ich trug das Geschirr in die Küche und stellte es in das Abwaschbecken. Mimi hatte die halbe Portion Spaghetti übrig gelassen. Ich streifte sie mit der Gabel vom Teller in den Müll. In der Neubaugasse begannen die Menschen zu laufen. Kurz danach waren sie nicht mehr zu sehe, so dicht prasselte der Regen herab. Die Küche blitzte auf und gleich darauf krachte es so laut, dass ich meinte, das Haus fliegt in die Luft.
Als ich in Mimis Zimmer zurückkam, brannten zwei Kerzen. Mimi hatte sich auf dem Boden ausgestreckt und den Kopf in Brigittes Schoß gelegt. Ihr Hut lag daneben. Die Kerzen flackerten im Wind, der durch das offene Fens-ter hereinfuhr. Brigitte streichelte Mimis Wange. Der auf die Straße und die Dächer niederprasselnde Regen wurde durch den leeren Raum so verstärkt, dass es sich anhörte, als stünde man hinter einem Wasserfall.
Als Brigitte mich bemerkte, sagte sie: Ich dachte, du bist duschen.
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  Neubaugasse

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In der Herrengasse begegnete mir Annette mit einer Freundin. Sie ließ die Freundin stehen und fragte, ob ich mit ihr auf einen Kaffee gehen wolle. Wir gingen ins Sacher. sie lud mich ein. (...) Zum abschied drückte sie mir freundlich und bedauernd die Hand. Sie konnte erfolgreich werden. Auf der straße wurde sie erkannt. Auch mich hatten Jugendliche um ein autogramm angesprochen. Bald würde ich vergessen sein.
Ich ging gemächlich dahin, schlenderte wie in Zeitlupe durch die Kärntner Straße, bog rechts ab und trat in den Burggarten.
pp 145-146 from Herzlos by Monika Wogrolly

Near fragment in space

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Na ja halt so. - Übrigens gibt’s in dem Viertel da wirklich ein paar ganz exquisite Architekturspezialitäten. Wenn du dann heimgehst, schau dir drüben in der Mondscheingasse das Haus Nr. 3 an. Sowas Irres hast bestimmt schon lange nicht gesehn. Unten wächst das Haus aus einem riesigen Stukkaturbaum heraus, die Yggdrasil vermutlich, oben droben sind dann ungeheure Löwenköpfe – kein Vergnügen für Leute, die in derselben Höhe vis-à-vis wohnen. Und dieses Haus zieht sich irgendwie, aber man weiß nicht genau, wie, hinüber bis in die Kirchengasse. Dort brüllen die Löwen dann in die Gegenrichtung. Oder weiter unten, an der Ecke Stiftgasse und Siebensterngasse, das Eckhaus – dort hocken am Dachfirst die risiegsten Greife, die du je erblickt hast. Warum schaust mich denn so an?
pp 165 from Die große Hitze, oder die Errettung Österreichs durch den Legationsrat Dr. Tuzzi by Jörg Mauthe