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Verlass die Stadt - pp 56-57

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Auf der Heimfahrt mit der Linie 5 erträgt man schweigsam die Hitze, bis man selbst aussteigt und der andere umsteigt. Man hat schon geahnt, dass man nicht zusammen nach Hause gehen wird.
Während man seinen ausgetrockneten und verbrannten Körper von der Laudongasse in die Florianigasse schleppt, weiß man schon, dass sich der andere wieder länger nicht melden wird. Und dass einem morgen noch vieles einfallen wird, das man heute besser nicht gesagt hätte. Man kann nicht mehr schlafen und wartet darauf, dass der Rest dieses schmerzhaften Tages vorbeigeht.
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Near fragment in time

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Ich nahm mein Heft heraus und schrieb Folgendes: 'Er bog ab und ging südlich weiter, hinauf zur Rotenturmstraße, überquerte den Stephansplatz. Ecke Graben kam ihm Wilma entgegen. Er küsste sie auf die Wange. Sie schaute ihn an, wollte was fragen. "Wohin des Weges?", fragte er. "Ich glaub, ich geh heim. Und du?" "Bräunerhof. Deutsche Zeitungen lesen." Wilma blickte auf die Uhr:"Eine halbe Stunde." "Fein", sagte Demant. "Die Süddeutsche kann warten." Vor der Dorotheergasse blieb Wilma abrupt stehen. "Ich geh doch lieber heim." Sie küsste ihn jetzt rasch auf die Wange, ging zum Stephansplatz zurück. Demant zuckte die Achseln, marschierte am Hawelka vorbei, blieb vor der Casanovabar stehen, um die Fotographien der Nackten zu betrachten. Im Bräunerhof bestellte er sich einen großen Mokka und suchte dann die Süddeutsche. "Ist in der Hand", sagte der Ober Ferdinand. Demant holte sich also die Frankfurter Allgemeine und begann zu lesen. Er las und las und war gar nicht dabei. Seine Gedanken schwebten über den Zeilen, hielten sich aber noch zwischen der Zeitung und seinen Augen. Nach einer Viertelstunde aber flogen sie davon.' Also schrieb ich lustig dahin, dass die Schwarten krachten, bosselte den werdenden Roman GEBÜRTIG.
pp 175-176 from Man ist viel zu früh jung. Essays und Reden by Robert Schindel

Near fragment in space

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Als sie durch das Servitenviertel in die Liechtensteinstraße bog, bemerkte sie, dass der Himmel sich verdunkelte. Das Liechtenstein Museum war in dramatisches Licht getaucht und wirkte dadurch noch imposanter, als es ohnehin schon war. Im Mai hatte Anna zusammen mit einer Freundin aus Italien fast einen ganzen Sonntag in diesem Museum verbracht, und beide waren schwer beeindruckt von Palais, Park und Kunst gewesen. Anna konnte es kaum fassen, dass all die Rubens, van Dycks und Rembrandts im Privatbesitz des Fürsten von Liechtenstein waren – der Wert dieser Privatsammlung überstieg ihr Vorstellungsvermögen. Und dieser Fürst war nicht etwa eine historische Figur, verewigt in einem düsteren Ölschinken, nein, er war eine lebende Person mit Familie, was von einem Schwarzweißporträt im Treppenhaus bezeugt wurde. Wie ungerecht die Welt doch sein konnte… Anna wurde aus ihren Gedanken gerissen, als dicke Tropfen auf die staubige Windschutzscheibe platschten. Kurz bevor sie den Gürtel überquerte, setzte heftiger Wind ein.
pp 229-230 from Bis zur Neige - Ein Fall für Berlin und Wien by Petra Hartlieb, Claus-Ulrich Bielefeld
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