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Verlass die Stadt - pp 104
Erinnert sich jemand an die Rauchfangkehrerkirche?
Habt ihr schon einmal vom Heiltumstuhl gehört?
Was wisst ihr über die Rotunde am Prater?
Wer kennt die Spinnerin am Kreuz?
Die Wiener und Wienerinnen gehen liederlich mit ihren Wahrzeichen um. Sie vergessen sie, ersetzen sie durch andere, räumen sie einfach beiseite, wenn sie ihnen im Weg sind, lassen sie verfallen oder versehentlich abbrennen.
Habt ihr schon einmal vom Heiltumstuhl gehört?
Was wisst ihr über die Rotunde am Prater?
Wer kennt die Spinnerin am Kreuz?
Die Wiener und Wienerinnen gehen liederlich mit ihren Wahrzeichen um. Sie vergessen sie, ersetzen sie durch andere, räumen sie einfach beiseite, wenn sie ihnen im Weg sind, lassen sie verfallen oder versehentlich abbrennen.
Near fragment in time
Wer in Wien ins Kaffeehaus geht, der geht heim. Ich habe zwar daheim kein Kaffeehaus als Zuhause, aber im Kaffeehaus bin ich selbstverständlich daheim. Wenn wir unser Kaffeehaus betreten, sind wir im Selbstverständlichen eingewohnt. Das Café Bräunerhof ist ein Ort, im welchem die Zeit aufbewahrt wird. Es ist alles wie immer. Echter Marmor, stabile Tische, Plüsch, Zeitungen, Ober im Smoking, das Glas Wasser zum Kaffee, und in der Mitte des Etablissements befindet sich jene Vorrichtung, in der die Zeit gestapelt, gepackt und schließlich vernichtet wird. Allerlei Leute wohnen im Bräunerhof. Sie sitzen, nachdem sie erschienen sind, um die Tische, lesen Zeitung, essen süßes Zeug, das in Wien so bitterlich herrlich schmeckt, nippen an den diversen Kaffeearten, großer Brauner, Melange, Einspänner, Kapuziner, Schale Gold, Mokka, Verlängerter, also sieben Kaffees, bis die Schalen leer sind.
pp 175 from Man ist viel zu früh jung. Essays und Reden by
Near fragment in space
Ein Arztbesuch am Sonntag, diese Besonderheit, da würde sich Joana sicher gleich noch viel schlechter fühlen. Außerdem würde er sie zwingen müssen, sie ging nicht gern außerhalb der Reihe, es sei denn, sie hatte wirklich unerträgliche Schmerzen. Am Wochenende und in der Nacht ging sie eigentlich nur mit Blasenkatarrh freiwillig zum Arzt, da ließ sie sich heulend in jede Notaufnahme fahren, sogar ins Kaiser-Franz-Joseph, aber nur, wenn in der ganzen Stadt wirklich keine andere Uro offen hatte. Im Kaiser-Franz-Joseph waren sie entweder zweimal an eine völlig unfähige Nachtschicht geraten, oder es war der Stil des Hauses, was Rument sich aber weiterhin weigerte zu glauben. Wenn das der medizinische Standard im einundzwanzigsten Jahrhundert war, müsste man das Spital eigentlich anzeigen! Beide Male hatten sie einen Katheder gelegt, als ob bei einem Infekt von Joanas Ausmaßen - Krämpfe, Fieber, Blut - die paar Keime, die ihne Katheder in die Urinprobe rutschten, noch eine Rolle spielten. Und als ob nicht jede Medizinstudent im ersten Semester wissen musste, was für eine Qual das war, die Kathederisierung in einem solchen Zustand. Nie wieder Kaiser-Franz-Joseph, dann lieber gleich Sankt Pölten, aber noch besser, man hatte Cipro auf Vorrat, zusammengebettelt aus Ärztemustern, und kam überhaupt nicht mehr in eine solche Situation.
pp 79 from Lässliche Todsünden by