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Zeit der Idioten - pp 1
Kurz vor Mitternacht habe ich meinen alten Walkman genommen und bin hierhergelaufen. Die letzte U-Bahn ist um fünfzehn nach durchgefahren. Ich bin dann runter auf die Geleise, ein Stück gegangen und habe mich im Tunnel versteckt. Das hat funktioniert. Verrückt, oder? Aber das hier ist Wien und nicht New York. Immer schön gemütlich, meine Herrschaften. Die haben ihre Kontrollrunden gedreht und ich habe einfach die Luft angehalten. Ich könnte jetzt sofort den blöden Stephansdom in die Luft jagen, wenn ich auch so ein Idiot wäre. Bin ich aber nicht. Ich habe mich für den Stephansplatz entschieden, weil es in dieser U-Bahnstation stinkt, als ob Leichen unter den Rolltreppen oder in die Wände eingemauert wären.
Near fragment in time
“Die Kirche Maria Treu”, sagte der Gendarm. Liebermann war auf dem Weg zum Theater ind er Josefstadt oft an dieser Kirche vorbeigekommen, hatte aber nie innergehalten, um sie in ihrer vollen Größe in Augenschein zu nehmen. Er musste den Kopf in den Nacken legen, um alles sehen zu können. Die beiden Turmhelme waren mit Kugeln dekoriert und flankierten eine klassische Säulenfassade. Unter dem Giebeldreieck stand zu lesen: Virgo Fidelis Ave Coelestis Mater Amoris. Darunter verriet eine Uhr die frühe Stunde, es war sechs Uhr. Geflügelte Skulpturen spähten über das Giebeldreieck hinweg.
pp 9 from Kopflos by
Near fragment in space
Ich fahre in die Stadt, das sagen nur Leute, die in der Stadt wohnen, noch tiefer in die Stadt, ins Zentrum, zum Stephansplatz. Ich finde keinen Parkplatz, bin aber spät dran, sehr spät, der nächste Termin, ich stelle das Auto auf den Gehsteig, ist doch wirklich egal, Geld habe ich ja. Ich laufe los, suche die Straße, wo ist der verdammte Plan, jede Ecke sieht für mich gleich aus, das ist so. Kurz zuvor: ich sitze im Auto, schaue in die Gegend, tippe auf den Stadtplan, überlege mir genau, wo ich hin muss, was ich da soll, wie lang es dauern wird, wo ich parke, wer ich bin. Dann fahre ich los, vergesse alles, habe nie existiert, komme an, viel zu spät, es ist mir egal, nerven, das tut es trotzdem.
pp 37-38 from stillborn by