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Kaffeehaus war überall. Briefwechsel mit Käuzen und Originalen - pp 66
Ob der zahlungsunfähige Stammgast den mit Hundertschillingscheinen wedelnden Maharadjan anpumpt, oder ob er beim Weggehen dem ahnungsvoll wartenden Ober mit nonchalanter Gebärde zuruft:"Ich zahl Ihnen morgen" - das sind ja nur zwei Varianten, zwischen denen der jedenfalls nicht aus eigener Tasche zahlende Insasse (ich gebrauche den Ausdruck aus freundschaftlicher Konnivenz) nach der jeweiligen Sachlage zu wählen hat. Er tut es ja nicht gern; lieber würde er die Hunderter flattern lassen. Er will also gar nicht versorgt sein, vielmehr ist er fallweise gezwungen, sich versorgen zu lassen. Nicht so der Schnorrer des Café Central, der auf Grund eines Gewohnheitsrechtes einen Tribut einhebt.
Near fragment in time
Auch die Geschäfte wurden im gesamten Textilviertel nach dem gleichen Muster abgewickelt. Meter du Massenware stammte aus dem Ausland. In Lohnwerkstätten wurde selber „manipuliert“, die fertige oder halbfertige Ware ausschließlich an Großhändler weiterverkauft.
pp 133 from Wien wirklich - Ein Stadtführer durch den Alltag und seine Geschichte by
Near fragment in space
Sie trafen sich an jedem zweiten Dienstag im Monat um Punkt fünf Uhr nachmittags im Café Central - es sei denn, dieser Dienstag wäre auf einen christlichen oder jüdischen Feiertag gefallen: dann wurde das Treffen eben am darauffolgenden Donnerstag nachgeholt. Sie trafen sich, um Tarock zu spielen (wenn sie einen vierten Mann dafür fanden, denn sie spielten grundsätzlich nur zu viert) oder um gemeinsam über philosophische Fragen zu brüten. "Entweder tarockieren oder philosophieren", lautete ihr Wahlspruch, "am End' is' eh alles wurscht." Passten sie eigentlich ins Café Central, hätte man sie ohne Weiteres hier vermutet? Diese Frage dürfen wir getrost verneinen. Das Café Central liegt, wie wir aus berufenem Munde wissen, "unterm Wienerischen Breitengrad am Meridian der Einsamkeit"; genauer gesagt befindet es sich - und das schon seit Generationen - im Innenhof des Palais Ferstel und sieht für ein Wiener Etablissement verdächtig orientalisch aus: Kreuzbögen, hohe Säulen, viele Ornamente, viel Gold, überhaupt sehr bunt, rote runde Marmortische - der Kenner hätte das Café Central exakt 243 Straßenkilometer weiter östlich platziert, also eher im schönen Budapest als hier in der Reichshauptstadt.
pp 129 from Der Komet by