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Das Vaterspiel - pp 231-232

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Bis ich dann in Ruhe gefrühstückt und die erste Ziga-rette geraucht hatte, war es gegen zwei Uhr nachmittags, und ich musste zum Konzert aufbrechen, weil ich mit dem Auto meiner Mutter fahren und möglichst in der Nähe der Arena einen Parkplatz finden wollte. Als ich dort eintraf, gut vierzig Minuten zu früh, war der Soundcheck noch im Gange, aber Klara war nirgendwo zu sehen. Gerhard ga auf der Bühne die Kommandos. Ständig rief er dem Mann am Mischpult etwas zu und ließ zwischendurch die Gitar-re aufkreischen. Er hatte nun eine säuberlich rasierte Gla-tze, die in der Sonne glänzte, als hätte er sie mit Fett einge-schmiert. Ich winkte ihm zu, aber er schien mich nicht zu erkennen und schaute wieder weg. Als er mit dem Sound-check fertig war, hatte sich vor der Bühne eine Gruppe von gut hundert Fans versammelt. Weiter hinten war eine Zu-schauertribüne mit Sitzbänken aufgestellt. Dorthin ging ich und suchte mir einen Platz, nicht zu nahe am Laut-sprecher, nicht zu weit von der Bühne, nicht zu sehr von der Sonne geblendet und nicht zu weit unten, um über die vor der Bühne stehenden Menschen sehen zu können. Jeder Platz, so fand ich schnell heraus, hatte Nachteile. Und man sieht von jedem Platz aus sofort die Vorteile der anderen Plätze, aber deren Nachteile sieht man erst, wenn man dorthin gegangen ist und sich niedergesetzt hat. Ich pro-bierte ein paar Plätze aus, konnte mich aber nicht entscheiden, ging schließlich an den Tribünenrand, in die Nähe des Auf-gangs, wo ich dann auch bleiben musste, weil es mittler-weile nichts mehr auszusuchen gab. Klara und Bibi waren noch immer nicht da. Ich zog, meinen Pullover aus, formte ihn zu einer länglichen Wulst und legte ihn neben mich auf die Bank.
  Das Vaterspiel
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  (none)
  Arena

Near fragment in time

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Er fand es großartig, ehe er in orkanartigen Husten ausbrach. Wie der Erfolgsautor der "Elementarteilchen", den ich im Rabenhoftheater bei einer Lesung erlebt hatte, hatte dieser Patient einen unverkennbaren Modus zu rauchen. Und wie jener hatte er die Zigarette zwischen Mittel- und Ringfinger gepresst, so dass dem Glimmstängel, wäre es ein Mensch gewesen, gewiss die Luft weggeblieben wäre. Houllebecq hatte seine Nikotinsucht, seinen schweren Alkoholismus sowie pathologischen Sexismus durch eine konservativ gekleidete Dolmetscherin pluralistisch, nihilistisch und obszön von der Rabenhof-Bühne aus verkündet.
pp 35 from Herzlos by Monika Wogrolly

Near fragment in space

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Der Fiaker trug sie auf der Ringstraße durch den südlichen Teil der Stadt, überquerte via Schwarzenbergbrücke den Wienfluß, passierte das Belvedere und erreichte über den Rennweg und die Simmeringer Hauptstraße bald schon den Zentralfriedhof. In den dritten großen Torweg zum jüdischen Teil des Friedhofs einbiegend, lenkte Fischmann, welcher Breuer seit einem Jahrzehnt regelmäßig zum Grab seiner Eltern kutschierte, den Fiaker unbeirrt durch ein Labyrinth von Alleen und Wegen, einige davon kaum breit genug für die Droschke, und hielt schließlich am Mausoleum der Rothschilds. Als Breuer und Nietzsche ausgestiegen waren, holte Fischmann ein großes Blumengebinde unter dem Kutschbock hervor und reichte es Breuer hinunter. Die beiden Männer schritten schweigend einen ungepflasterten Weg zwischen Reihen von Grabmalen hinab.
pp 341 from Und Nietzsche weinte by Irvin D. Yalom