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Ohnmachtspiele - pp 51-52

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Nachdem er seine Notizen vervollständigt und bezahlt hatte, verließ er das Café und ging durch den ersten Bezirk zurück ins Kommissariat. Auf der Kärntner Straße kam ihm stoßweise ein eisiger Wind entgegen, der bis in die Knochen zu kriechen schien. Scheißstadt ... da könnte er doch gleich auf einer Ölplattform in der Nordsee anheuern: besseres Gehalt, wenig Zeit für dumme Gedanken, kein Innenminister, kein Polizeipräsident, höchstens wettergegerbte Vorarbeiter, die andauernd herumbrüllten, aber im Grunde gutherzige Menschen waren, Schäfer, schwing deinen nichtsnutzigen Ösi-Arsch hierher, in ölverschmierten Overalls Pumpen instand halten, an riesigen Schraubenrädern drehen ... vielleicht sollte er das wirklich tun.
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Und sie haben dich nichts gefragt?
Nichts, gar nichts. Wahrscheinlich war ich ihnen zu klein. Wenn ich dreizehn, vierzehn Jahre gewesen wäre, hätte sich mich wahrscheinlich schon etwas gefragt.
Die Gestapo-Männder waren Wiener. Auch viele Deutsche waren da, aber das waren Wiener. Wie halt eine Hausdurchsuchung vor sich geht, haben sie alle Sachen herausgeschmissen, aber sie waren nicht auffallend brutal. Sie haben ihn einfach genommen und sind gegangen
Sie haben also auch nicht zugeschlagen?
Nein. Das ist dann erst am Morzinplatz gekommen. Nach der Verhaftung haben wir ja nicht gewusst wo er ist. Kein Lebenszeichen, nichts. Meine Mutter ist immer wieder auf die Gestapo am Morzinplatz gegangen: keine Auskunft. Als sie wieder einmal bei der Gestapo war, wurde ein Häftling aus einem Verhörzimmer geschleift – ohnmächtig und blutverströmt. Ob es ein Bekannter war, hat sie nicht gewusst, so entstellt war er.
pp 42-43 from Der Kopf meines Vaters: Wien von der NS-Zeit bis zur Gegenwart - Eine Zeitzeugin erzählt by Luis Stabbauer

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Wenn ich die Zeitungen, die ich mir in meinem Leben gekauft habe, in die Kärntnerstraße hineinblasen ließe als ein Zeitungstreiben, als ein Zeitungstreiben wie ein Schneetreiben, wäre die Kärntnerstraße in der kürzesten Zeit vollkommen verstopft, alles in der Kärntnerstraße müßte ersticken, halb Wien müßte ersticken, könnte man unter den Zeitungen, die ich gekauft habe, ersticken, begraben und ersticken, ein tödlicher Zeitungswinter bräche auf Wien herein.
pp 199-200 from Verstörung by Thomas Bernhard