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Boboville - pp 28-29

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In der Früh, wenn der Bäcker müde wird, starten die Bobos ihre Minis und Saabs und Smarts und fahren in ihre kleine Galerie in der Schleifmühlgasse, ins Funkhaus in der Argentinierstraße, in das vegane Naschmarktlokal. Dann wacht der Sandler auf, der an geraden Tagen auf der Bank unter der linken Platane schläft, an ungeraden auf der Bank unter der rechten.
Und vormittags, wenn der Bäcker schläft, nicht vor zehn, fährt der Musik-Kabarettist Muckenstrunz auf seinem Kinderklappfahrrad quer über das Pflaster. Und nie hat und nie wird ihm jemand einen Vorwurf machen, denn der Musik-Kabarettist Muckenstrunz ist klitzeklein und fährt auf seinem Kinderfahrrad ausschließlich auf den Gehsteigen, alles andere wäre nicht richtig, hier fast neben dem Fluss, nach dem, die Stadt benannt ist.
Zu Mittag kommen die türkischen Schulkinder, sie sind schlimm und unartig und fechten mit zotigen turkmenischen Vokabeln, dann die Frau mit den drei kläffenden Hunden, und abends, wenn nur mehr die aufgebohrten Mopeds durchs Viertel glühen, kommen die Nigerianer, um in der Wertkartentelefonzelle vor dem Hahzeh-Strache-Plakat nach Hause zu telefonieren. Ein beschaulicher Platz, der Hugo-Wiener-Platz gegenüber von meinem französischen Atelierfenster.
Heute ist es heiß, das Aggregat der ewigen Baustelle im Übernachbarshaus, links vom französischen Atelierfenster, in dem ich wohne, das elende Aggregat fährt permanent 60. Wenn ich sage, es fährt permanent 60, dann meine ich damit das Geräusch, das ein Motor macht, wenn man im zweiten Gang, einen Sechziger am Tacho, die Höhenstraße hinauffährt. Mit einem Bus kann man das. Der Busfahrer meines Übernachbarhausaggregats, ein Pole, ein Mazedonier, ein Banjalukaner, ein Kosovare, ein Istrier, ein Moldawier, Slawonier oder sonst ein von der bobovilleansässigen Eigentumswohnungsherrichtungsmafia Ausgebeuteter, fährt seit Tagen im dritten Gang die Höhenstraße rauf. Nie wird er dort ankommen, nie ein flammendes Hunnenschwert essen im Leopoldsbergrestaurant, nie in Kritzendorf ins Strombad springen. Nein, der Mazedonier, Banjalukaner, Kosovare, Istrier, Moldawier, Slawonier spritzt Feinputz an zukünftige Bobo-Eigentumswohnungswände. Ungekaufte. Ausbeuterisch errichtete. Seine zukünftigen Nachbarn, noch weiß es der Bobo nicht, der hier einst wohnen wird, verbringen ihre Sommernachmittagspausen unter den Platanen, in der ehemaligen polnischen Pizzeria.
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Ich schwinge mich also aufs Rad und trete in die Pedale, bis der Beton des Gehwegs als Steilküste in den Donaukanal kippt. Hier, an diesem Strandplazebo, gedenke ich ein Bier zu trinken. Die Freuden des Erwachsenendaseins. Der Türsteher am Tor zum Gastgarten des coolen Clubs will meine Tasche gar nicht erst durchsuchen, was ihm eine Weigerung meinerseits, mir eine darauf folgende Zutrittsverweigerung seinerseits und uns beiden einige Unannehmlichkeiten, wie z.B. vom Schreien heisere Stimmen, erspart. Mir außerdem Geld: Alles was am Donaukanal liegt, betrachte ich als Picknickzone, setze also auf Selbstversorgung. Ich platziere mich möglichst weit vom Türsteher entfernt auf einen der Holztische, ziehe die Bierflasche – deren Marke zur im Lokal ausgeschenkten passt – aus dem Rucksack und will mein Karma auf Reisen schicken, das aber selbstbestimmt auf meiner Schulter hocken bleibt. Neben mir am Tisch wird diskutiert. Eine Gruppe ziemlich euphorischer Frauen mit teilrasierten, wasserstoffgebeizten Haaren und in zu engen Hosen und zu weiten, ideologisch aufgeladenen T-Shirts bespricht den Zustand der Welt im Allgemeinen und den Zustand ihrer Band im Speziellen. Mein Karma unterhält sich köstlich. Ich trinke einen Schluck Bier. Es ist warm und schäumt über.
pp 43 from Freischnorcheln by Mieze Medusa

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Und das Befürchtete trat ein. Am 1. September 1939 erklärte Adolf Hitler Polen den Krieg.
Trotz des Kriegsgeschehens, das irgendwo in weiter Ferne die Welt bewegte, lebte man im Haus am Trautenauplatz seltsam ungerührt weiter. Man gewöhnte sich sogar an den Gedanken, dass zur Zeit Krieg herrsche. Gitti ging weiter in die Schule, die zu Fuß leicht erreichbar war und neben einem baumbestandenen Wiesenhang lag, der "Hartäckerpark" hieß. Erika wuchs zu einem lebhaften kleinen Lockenkopf heran (…). Auch sie besaß in den Nachbarwohnungen gleichaltrige Spielgefährten, die Mütter konnten sich, den Tagesablauf erleichternd, Aufsichtspflichten teilen, und stets herrschte im Garten fröhliches Kindertreiben.
pp 197 from Im Schatten der Zeit by Erika Pluhar