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Jessica, 30 - pp 237

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(...) ich werde meine Geschichte kriegen und dann fange ich ein neues Leben an, dann überlege ich mir alles in Ruhe, wie ich das weitermachen werde, wie das weitergehen soll, jetzt einmal bleibe ich in der Gumpendorfer Straße, und es muss wegen der Richard-Wagner-Straße sein, dass ich mich in einem Altbau so wohl fühle, am Karmelitermarkt, das ist doch wirklich eine schöne Wohnung, mit dem Ausblick, und so hell, aber ich habe da nie irgendetwas gemacht, das war wie eine Bühne, und wenn jemand zugschaut hätte, dann hätte ich etwas getan, in der Gumpendorfer Straße, da ziehe ich mich nicht einmal ordentlich an, wenn ich zu Hause bleibe, ich werde da verkommen, aber ich habe da viel mehr Lust etwas zu tun, und wenn es nur dieses Scheiß-call-center ist, in der Gumpendorfer Straße komme ich mir jünger vor, oder ist das wegen dem Naschmarkt und weil ich jetzt jeden Tag ins Naschmarkt- Café gehen kann und irgendwohin gehöre, bin ich doch nur eine Provinzlerin, die Anschluss braucht, habe ich so ein Kleinstadtsyndrom (...)
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Diese vielen ekelhaften Menschen, Menschen, nun, diese vielen ekelhaften Erscheinungen im damit vollgestopften Autobus 74 A, die Landstraßer Hauptstraße hinauf oder hinunter, welche Qual, ihnen mehrmals täglich ausgesetzt zu sein, ihnen und ihren mitgeführten, mit sich getragenen Schicksalen, Lebensgestaltungen, Alltagsbewältigungen, Kinderwagen, Krücken; Inländer, Ausländer, Wiener, Asiaten, gleichviel, nein, gleichviel nicht, die Wiener, die 'Hiesigen', sind allemal scheußlicher, Paare vor allem, alte und ältere, verstunkene Wiener Ehepaare, wie sie hereinzittern 'in den Autobus', wie sie hinauszittern 'aus dem Autobus', dem Autobus 74 A, fürsorglich um einander bemüht und eben deshalb einander abrundtief gram, wie ich sie hasse!
pp 51 from Kalte Herberge by Werner Kofler

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Anders als am Morgen freilich, da der Anblick baukünstlerischer Höhepunkte seine Stimmung wenigstens vorrübergehend gebessert hatte, drückte ein architektonischer Nullpunkt sie jetzt erst recht nieder – jene Baulücke gegenüber der östlichen Ecke des Bundeskanzleramtes nämlich, die der Legationsrat umgehen mußte, um in die Schauflergasse zu gelangen. Über diesem leeren Grunstück scheint nämlich ein geschichtlicher Fluch zu liegen, der verhindert, daß es jemals gefüllt werde. Schon die Monarchie hat dort einen Verwaltungsbau errichten wollen, war aber nicht mehr dazu gekommen; ein ähmlicher Plan war in der Ersten Republik gescheitert, weil die Regierungen zu rasch wechselten; nach 1934, als Österreich sich eine autochthone und somit etwas bizarre Diktatur anschaffte, legte man immerhin den Grundstein zu einem „Haus der Väterländischen Front“, kam aber über diesen Grunstein nicht hinaus; Vielmehr wurde dieser durch einen anderen ersetzt, über dem etliche Gauleiter ein „Braunes Haus“ errichten wollten, was ihnen jedoch aus bekannten Gründen nicht gelang. Und seither hat noch jede Regierung der Zweiten Republik ebenfalls erfolglose Versuche unternommen, die Baulücke zu füllen. Auf welchen Augenblick wartet die Geschichte wohl, ehe sie es erlaubt, diesen häßlich leeren Platz mitten im imposantesten Teil der Stadt mit einem ebenso repräsentativen wie zweckmäßigen Gebäude zu versehen?
pp 85-86 from Die große Hitze, oder die Errettung Österreichs durch den Legationsrat Dr. Tuzzi by Jörg Mauthe