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Sie sprechen mit Jean Améry, was kann ich für sie tun? - pp 85

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Vom Bahnhof Meidling fuhr er direkt zum Cafe Traude:
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Die jüngere Stadtmauer, mit dem Lösegeld für den 1192 in Erdberg bei Wien festgenommenen englischen König Richard Löwenherz finanziert und kurz nach 1200 vollendet, griff wesentlich weiter aus als die ältere Stadtbefestigung. Ihre Trasse folgte nach heutigen Begriffen den im 1. Bezirk gelegenen Straßenzügen Löwelstraße – Oppolzergasse – Mölkersteig – Helferstorferstraße, durschnitt die Häuserblöcke zwischen Börseplatz und Concordiaplatz und setzte sich entlang der Linie Salzgries – Franz Josefs Kai – Dominikanerbastei – Stubenbastei – Seilerstätte – Krugerstraße – Walfischgasse – Philamonikerstraße fort;
pp 202-203 from Wien – Geschichte einer Stadt – Von den Anfängen bis zur Ersten Türkenbelagerung by Ferdinad Opll, Peter Csendes

Near fragment in space

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Als wir noch im Meidlinger Gemeindebau gewohnt hat-ten, war der Wiener Großvater häufig bei uns zu Gast ge-wesen, er wohnte ein paar Häuser weiter, aber seit wir im neuen Haus lebten, war er nur ein einziges Mal zu Besuch gekommen. Er setzte sich auf die weiße Ledergarnitur und sagte: Das ist lächerlich. Er strich mit der Hand über das Leder, rutschte mit dem Körper vor und zurück, lehnte sich gegen den Rückenpolster und richtete seinen Körper wie-der auf. Er fragte: Habt ihr nicht einen anständigen Sessel im Haus?
Wir hatten keinen anständigen Sessel, jedenfalls keinen, der dem Großvater anständig genug war. Die Großmutter sagte, man müsste sich daran erst gewöhnen. Aber der Großvater fragte, wie soll man sich an so etwas Unbeque-mes gewöhnen? Hier ist es ja weiß wie in einem Sanato-rium. Man glaubt, jeden Augenblick könnte die Visite zur Tür hereinkommen. Und dieser Balkon da oben, wozu braucht ihr im Wohnzimmer einen Balkon? Ihr wohnt hier am Wienerwald, dort hinaus müsste der Balkon gehen. Und was steht denn da für eine komische Rakete?
Mein Vater sagte, das sei eine Vergrößerung der Zitrus-presse von Philippe Starck.
Eine Zitruspresse?, fragte mein Großvater. Wieso stellst du dir eine Zitruspresse ins Wohnzimmer?
Einzig das Guernica-Bild gefiel ihm. Aber in diesem Raum, sagte er, verliert es völlig an Bedeutung. Wenn man hier sitzt, hat man das Bild im Rücken.
Dann setz dich dort auf das Sofa, sagte mein Vater, dann hast du das Bild an der Seite und kannst immer hin-schauen.
So ein Bild will ich vor mir haben, sagte der Großvater, nicht an der Seite. Er stand auf und blickte sich weiter im Raum um. Dann fragte er: Habt ihr eigentlich keinen Fern-seher? Mein Vater ließ den Fernsehapparat aus der Kom-mode herausgleiten. Wenigstens das gefiel meinem Groß-vater. Er nahm die Fernbedienung in die Hand und ließ den Apparat ein paar Mal aus- und einfahren. Er schüttelte den Kopf und lachte dabei, als hätte er eine Spielzeugeisenbahn gekreigt. Nobel geht die Welt zugrunde, sagte er. Wir führ-ten ihn noch durch den Rest des Hauses, gingen mit ihm hinauf in den ersten Stock. Das Schlafzimmer meiner Eltern gefiel ihm einigermaßen. Er griff auf die geleimten Holzrundungen und sagte: Da steckt viel Arbeit drinnen. Aber vom Glaszimmer meiner Schwester und von meinem Eisenzimmer war er rundum entsetzt. Er fragte mich, wie ich es hier drinnen aushalte. Aber das wusste ich damals selbst noch nicht so ganz.
Lass ihn doch, sagte meine Großmutter. Die jungen Leu-te leben heute anders.
In einem Rosthaufen?, fragte der Großvater. Da wird man gemütskrank. So etwas Ungemütliches habe ich mein Lebtag nicht gesehen. Beim Gästezimmer irritierte ihn der Sternenhimmel. Er starrte mit offenem Mund zur Decke hinauf. Und das leuchtet auch noch in der Nacht?, fragte er. Da bin ich ja froh, dass ich in Wien wohne und hier nicht übernachten muss.
Mein Großvater konnte sich nicht beruhigen und kam, solange die Familie noch intakt war, nie wieder in unser Haus. Ich dachte damals, es sei eine Geschmackssache und der Großvater sei einfach unfähig, mit der Zeit zu gehen. Später begriff ich, dass es ihm um etwas ganz anderes ging. Er war der Meinung, ein sozialdemokratischer Politiker dürfte sich in seinem Lebensstil nicht so weit von seinen Wählern entfernen.
pp 281-282 from Das Vaterspiel by Josef Haslinger