Rendezvous mit dem Tod
Kriminalinspektor Oskar Rheinhardt stieg vor dem Hoftheatereingang des Volksgartens aus seiner Kutsche. [...] Über der Hofburg hingen langgestreckte Wolken in der milden Luft, die Farben des frühen Morgens waren weich und matt.
Er ließ das Wäschestück auf einen Wagen fallen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Leiche zu. »Ich habe mir sagen lassen, dass sie im Volksgarten gefunden wurde?« »Beim Theseustempel hinter einer Reihe Büsche.«
»Sonntagabend. Ihre Leiche wurde im Volksgarten gefunden. Sie ist erstochen worden.« Rainmayr hielt sich an der Tischkante fest. »Mein Gott ... die arme Adele. Ermordet ...« »Und? Hat sie gesagt, wo sie hinwollte?« Rainmayr schaute auf. »Ja, sie wollte jemanden im Kaffeehaus treffen.« »Wen?« »Ich weiß nicht, Ich vermute, einen Mann.« »In welchem Kaffeehaus?« »Sie erwähnte Honninger, neben der Ulrichskirche.«
»Wir wissen, wo sie gekauft wurde«, fuhr Reinhardt fort, »und zwar in einem kleinen Laden am Hohen Markt, der Jaufenthaler heißt. [...]«
»Noch eine Leiche, Herr Inspektor.« »Eine Frau?« »Ja, Herr Inspektor.« »Wo?« »Auf dem Spittelberg.«
Rheinhardt betrat das Café Museum mit Bathild Babels Adressbuch in der Hand. Er fand das Ambiente des neuen Kaffeehauses nicht sonderlich einladend, es wirkte recht kühl, und die einfache Einrichtung hatte etwas Unfertiges. Kurz nach der Eröffnung des Café Museums hatte Rheinhardt Liebermann gefragt, was er davon halte. Der junge Arzt hatte beharrlich die Meinung vertreten, dass der Architekt Adolf Loos ein Genie sei. Begeistert hatte er sich über die Tugenden der klaren Linie und der Einfachheit ausgelassen. (S. 136)
Liebermann und Rheinhardt saßen im Café Eiles. Sie waren bereits mit ihrem Bauernschnatterer, einer mit Salz und Schnittlauch gewürzten Suppe aus geräuchertem Schweinskopf und Bohnen, fertig und studierten die Dessertkarte.
Als sie die Linke Wienzeile entlanggingen, kamen die vergoldeten Lorbeerblätter des Ausstellungsgebäudes der Sezession in Sicht.
»Lass uns ins Café Schwarzenberg gehen. Ich könnte noch einen Kaffee gebrauchen.« Rheinhardt hielt inne und meinte dann noch: »Und etwas dazu vielleicht.«
Rheinhardt hatte sich mit seinem Assistenten vor dem Varieté Ronacher verabredet. Er hatte Haussmann eine Stunde Zeit gegeben, um Liebermann ausfindig zu machen. Während dieser Zeit hatte er nach einem Café gesucht und auch eines gefunden, das diskret in einer Seitenstraße lag.
»Sie müssen mich zur Wache in der Großen Sperlgasse begleiten«, sagte Liebermann. Sprenger schüttelte den Kopf.
»Sie müssen mich zur Wache in der Großen Sperlgasse begleiten«, sagte Liebermann. Sprenger schüttelte den Kopf.
Sein Magen rumorte, und Rheinhardt gehörte zu den Leuten, bei denen sich Hunger und Denken ausschlossen. Er steckte die Luger in seine Tasche zurück und frage sich, ob er es noch vor Feierabend ins Café Eiles schaffen würde.
»Bitte? Kann er etwa Gedanken lesen?« Liebermann zuckte mit den Achseln, als wolle er sagen: So gut wie. »Vielleicht sollte er damit im Ronacher auftreten«, sagte der Künstler. »Dort suchen sie immer nach neuen Nummern.«
Liebermann saß in einer Loge rechts von der Opernbühne. Die Ränge hatten sich schon fast ganz gefüllt, und er schaute besorgt auf seine Armbanduhr.
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