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Die freudlose Gasse - pp 42-43
Regina Rosenow, das einzige Kind des billionenreichen Generaldirektors der Mitteleuropäischen Kreditbank, hatte ihre Jourgäste um sich versammelt. Nicht etwa in dem elterlichen Palais in der Pötzleinsdorfer Allee, sondern bei Hopfner in der Kärntnerstraße. Dort hatte sie für jeden Mittwoch von fünf Uhr nachmittags an einen kleinen Saal gemietet, der mit den anstoßenden Séparées ihr und ihren Gästen zur Verfügung stand. Nicht alle ihre bekannten Herren hatten Zeit genug, nach der entlegenen Pötzleinsdorfer Allee zu kommen, außerdem fühlte sich die junge Dame hier ungenierter, sie musste nicht die Hausfrau spielen, konnte es den Kellnern überlassen, nach dem Rechten zu sehen, und schließlich durfte man, wenn die Zeit vorgerückt war, sich auch mehr gehen lassen als zu Hause. Und dann die Séparées! Regina hatte volles Verständnis für alle Möglichkeiten, und dieses paarweise Verschwinden in den hübschen kleinen Zimmern, in denen neben dem Sektkübel das Sofa die hervorragendste Rolle spielte, erhöhte die gute Stimmung, verlieh den Jours der Regina Rosenow eine besonders pikante Note.
Near fragment in time
Ich erinnerte mich mit ein wenig Neugier des Praters, wo jetzt zu Frühlingsende, zu Sommersanfang, die schweren Bäume wie riesige grüne Lakaien rechts und links der von Wagen durchflitzten Hauptallee stehen und reglos den vielen geputzten eleganten Menschen ihre weißen Blütenherzen hinhalten. Gewohnt, auch dem flüchtigsten meiner Wünsche sofort nachzugeben, rief ich den ersten Fiaker an, der mir in den Weg kam, und bedeutete ihm auf seine Frage den Prater als Ziel. »Zum Rennen, Herr Baron, nicht wahr?« antwortete er mit devoter Selbstverständlichkeit. Da erinnerte ich mich erst, daß heute ein sehr fashionabler Renntag war, eine Derbyvorschau, wo die ganze gute Wiener Gesellschaft sich Rendezvous gab.
pp 8 from Amok: Novellen einer Leidenschaft by
Near fragment in space
Ich blicke zur Führichgasse hinab, auf die kleinen Läden, in denen früher so viel leegantes, ja frivoles Zeug zu haben war. jetzt sind die Schaufenster leer. Aber nein, dort unten liegt hinter spiegelndem Glas ein Sammelsurium, das mich schon in meiner Kindheit berückte: falsche Schnauzbärte, Polizeihelme, Masken wilder Tiere und lachender Clowns, Kästen voll Taschenspielertricks, gezinkte Spielkarten, Würfel auf denen die Sechs dreimal wiederkehrt, dazu Spinnen, die man in Wassergläsern finden, Wachsäpfel, in die man unschuldig beißen kann, und Blumenbuketts, an denen man nur zu riechen braucht, um Kreidestaub in die Nase zu bekommen. Sie allein, Reste einer nicht mehr zeitgemäßen Scherzlust, werden in dieser Gasse verkauft. Der name des Ladens aber hat schon meine Kinderträume reizvoll durchleuchtet – ein Mozartischer Name: Die Zauberklingel.
pp 25 from Rückkehr nach Wien by
