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Der bessere Mensch - pp 75-77
„Raus ins Freie … wir haben was zu besprechen …“
„Haben Sie Angst, dass wir hier abgehört werden?“
„Reden Sie mir keine Paranoia ein … es ist Sommer, da lässt es sich draußen besser denken.“
Sie suchten sich eine abgelegene Bank im Rosenpark des Volksgartens. Schäfer öffnete die Flasche Apfelsaft, die er zuvor am Automaten gezogen hatte, und trank die Hälfte in einem Zug.
„Wir denken zu engstirnig.“
„Aha … und was sollen wir anders machen?“
„Die Beziehung zwischen Opfer und Täter in den Mittelpunkt stellen … nicht die üblichen Indizienketten, Verdachtsmomente, blablabla … da wird man ja meschugge … ich komme mir immer mehr vor wie ein menschliches Google …“
„Na ja, das ist unsere Arbeit … und so schlecht ist unsere Aufklärungsquote nicht …“
„Das meine ich ja gar nicht … wenn ein Mann seine Frau zerstückelt und versenkt oder jemand bei einem Raubüberfall erschossen wird, kommen wir um diese Methoden nicht herum, da haben Sie völlig recht … aber Sie müssen doch zugeben, dass dieser Fall eine andere Sprache spricht … da steckt System dahinter …“
„Bestimmt … aber jedes System entsteht aus Knotenpunkten, Beziehungen … und die untersuchen wir gerade … oder verstehe ich da was nicht?“
„Nein, da haben Sie schon recht … das läuft natürlich weiter wie gehabt“, gab Schäfer zu und schloss für einen Moment die Augen, um sich seine Gedanken vom Vorabend in Erinnerung zu rufen.
„Der Mord hat etwas … was soll das … ausufernder Hass? Aber dafür ist das Vorgehen zu besonnen … das ist ja fast medizinisch … ein Prozedere … “
„Wir haben es mit einem Geisteskranken zu tun …“
„Das ziemlich sicher … nur: Er kommt und geht ohne Spuren, nichts haben wir gefunden, kein Haar, keine Textilfasern …“
„Ein akribischer Plan … ein intelligenter Mensch …“
„Unbedingt … deshalb macht mich das auch so nervös. Wir sind diesem Plan weit hinterher … und was uns in so einem Fall erfahrungsgemäß neue Ansätze bringt …“
„Ist hoffentlich kein zweiter Mord …“
„Das haben Sie jetzt gesagt … aber Sie haben leider Gottes sehr oft recht, Bergmann … schreiben Sie sich das ruhig in Ihre Komplimentemappe … dieser Mensch hat entweder zumindest ein paar Wochen darauf verwendet, diesen Mord zu planen, oder er hat Born gekannt … er hat gewusst, wann der allein zu Hause ist, wann er von niemandem überrascht wird … das ist kein Amateur, der sagt: So, Kinder, Abendessen fällt aus, ich gehe heute mal einen alten Naziknacker mit Säure übergießen … seid brav und um zehn ist der Fernseher aus … “
„Sie meinen, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der schon einmal getötet hat …“
„Ja … das ist zu professionell für einen Anfänger … Sie wissen, wie Serientäter anfangen … ist noch kein Meister vom Himmel gefallen … ’tschuldigung … aus der Hölle, müsste ich wohl sagen … da bleibt was zurück … die sind nervös … in ihrem Rausch gefangen … erst beim zweiten oder dritten Mal wird die Inszenierung dann sorgfältiger … ach, ich kenne mich auch nicht mehr aus …“
Sie gingen eine Runde um die Rosenbeete, wobei Schäfer sich die Namensschilder jeder Züchtung ansah. Am liebsten hätte er seine Laufschuhe bei sich gehabt und wäre bis in den Wienerwald gelaufen; dieses Kribbeln unter der Haut, dieses übermäßige Schwitzen … er musste sich irgendwie körperlich verausgaben.
„Gehen Sie ohne mich zurück … ich habe noch was zu erledigen.“
Er querte den Heldenplatz und ging über Kohlmarkt und Graben zu einem Textilgeschäft, wo er eine Badehose und ein Handtuch kaufte. Warum sollte er ein schlechtes Gewissen haben? Eine halbe Stunde in der Neuen Donau – das würde seinen Geist erfrischen, das käme der Arbeit nur zugute. Mit der U1 fuhr er zur Donauinsel, wo er die Uferpromenade entlangspazierte, bis er einen schattigen Platz unter ein paar Birken fand.
„Haben Sie Angst, dass wir hier abgehört werden?“
„Reden Sie mir keine Paranoia ein … es ist Sommer, da lässt es sich draußen besser denken.“
Sie suchten sich eine abgelegene Bank im Rosenpark des Volksgartens. Schäfer öffnete die Flasche Apfelsaft, die er zuvor am Automaten gezogen hatte, und trank die Hälfte in einem Zug.
„Wir denken zu engstirnig.“
„Aha … und was sollen wir anders machen?“
„Die Beziehung zwischen Opfer und Täter in den Mittelpunkt stellen … nicht die üblichen Indizienketten, Verdachtsmomente, blablabla … da wird man ja meschugge … ich komme mir immer mehr vor wie ein menschliches Google …“
„Na ja, das ist unsere Arbeit … und so schlecht ist unsere Aufklärungsquote nicht …“
„Das meine ich ja gar nicht … wenn ein Mann seine Frau zerstückelt und versenkt oder jemand bei einem Raubüberfall erschossen wird, kommen wir um diese Methoden nicht herum, da haben Sie völlig recht … aber Sie müssen doch zugeben, dass dieser Fall eine andere Sprache spricht … da steckt System dahinter …“
„Bestimmt … aber jedes System entsteht aus Knotenpunkten, Beziehungen … und die untersuchen wir gerade … oder verstehe ich da was nicht?“
„Nein, da haben Sie schon recht … das läuft natürlich weiter wie gehabt“, gab Schäfer zu und schloss für einen Moment die Augen, um sich seine Gedanken vom Vorabend in Erinnerung zu rufen.
„Der Mord hat etwas … was soll das … ausufernder Hass? Aber dafür ist das Vorgehen zu besonnen … das ist ja fast medizinisch … ein Prozedere … “
„Wir haben es mit einem Geisteskranken zu tun …“
„Das ziemlich sicher … nur: Er kommt und geht ohne Spuren, nichts haben wir gefunden, kein Haar, keine Textilfasern …“
„Ein akribischer Plan … ein intelligenter Mensch …“
„Unbedingt … deshalb macht mich das auch so nervös. Wir sind diesem Plan weit hinterher … und was uns in so einem Fall erfahrungsgemäß neue Ansätze bringt …“
„Ist hoffentlich kein zweiter Mord …“
„Das haben Sie jetzt gesagt … aber Sie haben leider Gottes sehr oft recht, Bergmann … schreiben Sie sich das ruhig in Ihre Komplimentemappe … dieser Mensch hat entweder zumindest ein paar Wochen darauf verwendet, diesen Mord zu planen, oder er hat Born gekannt … er hat gewusst, wann der allein zu Hause ist, wann er von niemandem überrascht wird … das ist kein Amateur, der sagt: So, Kinder, Abendessen fällt aus, ich gehe heute mal einen alten Naziknacker mit Säure übergießen … seid brav und um zehn ist der Fernseher aus … “
„Sie meinen, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der schon einmal getötet hat …“
„Ja … das ist zu professionell für einen Anfänger … Sie wissen, wie Serientäter anfangen … ist noch kein Meister vom Himmel gefallen … ’tschuldigung … aus der Hölle, müsste ich wohl sagen … da bleibt was zurück … die sind nervös … in ihrem Rausch gefangen … erst beim zweiten oder dritten Mal wird die Inszenierung dann sorgfältiger … ach, ich kenne mich auch nicht mehr aus …“
Sie gingen eine Runde um die Rosenbeete, wobei Schäfer sich die Namensschilder jeder Züchtung ansah. Am liebsten hätte er seine Laufschuhe bei sich gehabt und wäre bis in den Wienerwald gelaufen; dieses Kribbeln unter der Haut, dieses übermäßige Schwitzen … er musste sich irgendwie körperlich verausgaben.
„Gehen Sie ohne mich zurück … ich habe noch was zu erledigen.“
Er querte den Heldenplatz und ging über Kohlmarkt und Graben zu einem Textilgeschäft, wo er eine Badehose und ein Handtuch kaufte. Warum sollte er ein schlechtes Gewissen haben? Eine halbe Stunde in der Neuen Donau – das würde seinen Geist erfrischen, das käme der Arbeit nur zugute. Mit der U1 fuhr er zur Donauinsel, wo er die Uferpromenade entlangspazierte, bis er einen schattigen Platz unter ein paar Birken fand.
Near fragment in time
Neubau, wie der siebte Bezirk genannt wird, hatte seit einigen Jahren einen grünen Bezirksvorsteher, der für dieses ehrenvolle Amt sogar seine Trafik treuhändisch an andere übergab. Hier wohnten seit zwanzig Jahren die gleichen Leute. Damals waren sie als 20-jährige Studierende in Substandardwohnungen eingezogen, hatten in verrauchten Kneipen ihre ersten künstlerischen Schritte gemacht oder com Designerdasein geträumt. Sie renovierten ihre Wohnungen, kauften anderem DisignerInnen überteuerte Klamotten ab und konnten sich nicht nur Sushis leisten, sonder Bio-Sushis. Niemand zog weg, alle wurden hier älter und die Kinder der Leute hatte weiterhin keine Parks zum Spielen. Selbst die Kommunistische Partei war geblieben und hatte aus ihrem Siebenstern das Café 7Stern gemaht, das sich architektonisch dem Trend und den Bedürfnissen der jetz 40-jährigen Grünen anpasste. Er war nicht oft hier zu Gast; es war schwer, mit jemandem ins Gespräch zu kommen.
pp 37-38 from Sie sprechen mit Jean Améry, was kann ich für sie tun? by
Near fragment in space
Im "Pucher" verkehrte der Ballhausplatz. Wer dem Ministerium des Äußeren angehörte, dem war dieses verhältnismäßig schmale eingequetschte Café am Kohlmarkt nicht fremd.
pp 69 from Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre by